Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1031
Personen ab Erreichen der Altersgrenze (siehe die Tabelle in § 41 Abs. 2 SGB XII) und voll erwerbsgeminderte Personen ab Vollendung des 18. Lebensjahrs (§ 41 Abs. 1 und 3 SGB XII), haben nach dem SGB XII (früher Grundsicherungsgesetz) einen eigenen Sozialleistungsanspruch, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und/oder Vermögen decken können (§ 41 Abs. 2 SGB XII). Bei der Prüfung, ob der Anspruch besteht, sind Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 SGB XII). Hingegen werden – abweichend vom Sozialhilferecht – Unterhaltsansprüche gegenüber Eltern und Kindern grds. nicht berücksichtigt, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen (im Sinne des § 16 SGB IV) läge über 100.000 EUR jährlich; dabei spricht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass diese Einkommensgrenze nicht überschritten ist (§ 43 Abs. 2 SGB XII).
Der Leistungen der Grundsicherung decken sich gemäß § 42 SGB XII mit den Leistungen der Sozialhilfe; dazu gehören nicht die Pflegekosten. Die Grundsicherung muss beantragt werden; Leistungen werden erst ab Antragstellung erbracht. Anträge sind bei den für die Sozialhilfe zuständigen Behörden zu stellen.
Die Regelleistungen staffeln sich der Höhe nach ab dem 1.1.2022 wie folgt:
Rz. 1032
Zur Errechnung/Anrechnung verschiedener Leistungen folgendes Beispiel:
Rechenbeispiel (alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern)
Mutter M betreut zwei Kinder im Alter von 2 und 5 Jahren. Die Warmmiete beläuft sich auf 500 EUR/Monat. M hat ein Einkommen von 400 EUR (Brutto = Netto). Für das 2. Kind erhält sie Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse.
Wie hoch ist die der M und den Kindern zustehende Gesamtleistung?
Arbeitslosengeld II/Sozialgeld |
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Arbeitslosengeld II für M |
449,00 EUR |
Sozialgeld für 2 Kinder bis 6 J (je 60 % – 285 EUR) |
570,00 EUR |
Versicherungspauschale, % 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II |
30,00 EUR |
Mehrbedarf Alleinerziehende, § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II |
162,00 EUR |
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1.211,00 EUR |
Unterkunftskosten |
500,00 EUR |
Einkommen |
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Erwerbseinkommen |
400,00 EUR |
./. Grundfreibetrag § 11a Abs. 2 S. 2 SGB II |
100,00 EUR |
./. Freibetrag § 11b SGB II |
60,00 EUR |
240 EUR |
240,00 EUR |
Kindergeld (2 x 225 EUR) |
450,00 EUR |
Unterhaltsvorschuss (2. Kind) |
174,00 EUR |
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864,00 EUR |
Berechnung |
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Bedarf ohne Unterkunftskosten |
1.211,00 EUR |
Unterkunftskosten |
500,00 EUR |
Abzüglich Einkommen |
864,00 EUR |
Anspruch |
847,00 EUR |
Rz. 1033
Unterhaltsansprüche des Leistungsempfängers gegen seine Kinder und seine Eltern gehen nicht auf den Träger der Grundsicherung über (abweichend vom Sozialhilferecht). Aber: Gerade deshalb wird vor der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen genau geprüft, ob vorrangige, den Anspruch ggf. ausschließende Unterhaltsansprüche gegen den nicht getrennt lebenden Ehegatten, den Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft oder gegen im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB XII leistungsfähige Eltern oder Kinder bestehen.
Rz. 1034
Grundsicherungsleistungen sind bei der Unterhaltsberechnung (beim Verwandtenunterhalt, insbesondere Kindesunterhalt, nicht beim Ehegattenunterhalt) als Einkommen zu berücksichtigen, da es sich – anders als die Sozialhilfe – nicht um eine subsidiäre Sozialleistung handelt. Sie werden also behandelt wie etwa Rentenzahlungen oder BAföG-Leistungen. Daher kann der Schuldner von Verwandtenunterhalt (also nicht Ehegattenunterhalt) verlangen, dass der Gläubiger vorrangig seine Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen geltend macht.