Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 241
Das Maß des eheangemessenen Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB. Hierzu gehören insbesondere die Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Gemeint ist der volle Unterhalt, der während der Ehe zur Verfügung stand.
Rz. 242
Hinweis
Das Maß des Trennungsunterhalts bestimmt sich nach den individuellen, ggf. begrenzten ehelichen Lebensverhältnissen und damit nach dem verfügbaren Einkommen, nicht nach einem eventuell höheren pauschalierten Mindestbedarf.
Rz. 243
Verfügbarer Teil des Einkommens ist dasjenige, was nach Abzug von Steuern und sonstiger gesetzlicher Abzüge, berufsbedingtem Aufwand, Vorsorgeaufwendungen, zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten, Aufwendungen für Vermögensbildung und Barunterhaltsleistungen für Kindesunterhalt zur Bestreitung des Lebensbedarfs der Eheleute verwendet werden kann.
Rz. 244
Verwenden Ehegatten während der bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft einen erheblichen Anteil, beispielsweise 25 %, ihres gesamten Einkommens zur Vermögensbildung, ist dieser Anteil bei der Bestimmung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht zu berücksichtigen. Voraussetzung ist allerdings, dass die verbleibenden Einkünfte zu einer angemessenen Bedarfsdeckung führen.
1. Bemessungszeitpunkt
Rz. 245
Bemessungszeitpunkt für die Feststellung der ehelichen Lebensverhältnisse ist zunächst der Zeitpunkt der Trennung.
Rz. 246
Hinweis
Der Unterhaltsberechtigte darf zur Berechnung der ehelichen Lebensverhältnisse deshalb nicht etwa frei einen früheren Zeitraum der Eheführung wählen, in welchem eventuell ein besonders hohes Konsumverhalten der Eheleute zu verzeichnen war. Entscheidend ist die Zeit unmittelbar vor Trennung der Beteiligten.
Rz. 247
Später eintretende Veränderungen werden berücksichtigt, wenn sie in der Ehe angelegt waren und wenn sie, im Falle von Einkommensreduzierungen, nicht unterhaltsbezogen leichtfertig waren. Während der Trennungszeit sind – weil in der Ehe angelegt – deshalb die sich aus den maßgebenden Verhältnissen ergebenden Folgen fortzuschreiben, da bei Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft der andere Ehegatte wirtschaftliche Veränderungen ebenfalls hätte mittragen müssen.
Rz. 248
Das frühere Stichtagsprinzip des Trennungszeitpunkts gilt nach der Rechtsprechung des BGH nicht mehr.
Dies gilt sowohl für die Trennungszeit als auch nach Scheidung der Ehe.
Während der Trennungszeit besteht das Eheband fort; die Ehe kann jederzeit wieder aufgenommen werden. Alle in dieser Zeit eintretenden positiven wie negativen wirtschaftlichen und persönlichen Entwicklungen der Ehegatten fließen in die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse ein. Eine Ausnahme bilden lediglich unterhaltsbezogen leichtfertige Einkommenseinbußen beider Eheleute.
Rz. 249
Nach Scheidung der Ehe sind nicht die zum Zeitpunkt der Scheidung bestehenden ehelichen Lebensverhältnisse maßgebend; diese sind nach der Scheidung fortzuschreiben. Für den Bedarf, so der BGH, ist an die Lebensstellung des Unterhaltspflichtigen anzuknüpfen (abgeleitete Lebensstellung).
Rz. 250
Bei unterhaltsrechtlich leichtfertigem Verhalten des Unterhaltspflichtigen ist allerdings von einem fiktiven Einkommen auszugehen, das den früheren Einkommensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen entspricht. Leichtfertiges Verhalten ist vorwerfbares Verhalten, beispielsweise die Aufgabe einer Arbeitstätigkeit mit der Folge der Erwerbslosigkeit.
Rz. 251
Eine Reihe negativer Veränderungen sind jedoch sowohl vom Unterhaltsgläubiger als auch vom Schuldner hinzunehmen. Eine – automatische – negative Veränderung stellt die höhere Steuerbelastung durch Änderung der Steuerklasse und Wegfall von Steuervorteilen dar, die mit dem Zusammenleben und/oder Zustand des Verheiratetseins verknüpft sind.
Auch der Eintritt in das Rentenalter durch einen der Beteiligten verändert die Unterhaltssituation. In der Regel verringert sich dadurch bereits das zur Verfügung stehende Gesamteinkommen mit der Folge eines verringerten Unterhaltsanspruchs.
Der Unterhaltsschuldner darf, und auch das verringert sein zur Verfügung stehendes Einkommen, bis zu 4 % seines Jahresbruttoeinkommens für zusätzliche Altersvorsorge verwenden. Dies gilt auch, wenn Altersvorsorge während der Ehezeit nicht betrieben wurde.