Rz. 88

Für das Erbrecht des nichtehelichen Kindes muss zwischen unterschiedlichen Zeiträumen unterschieden werden.

Die einzelnen Zeiträume im Überblick:

a) Erbfälle vor dem 1.4.1966 (in dem Gebiet der BRD und späteren DDR)

 

Rz. 89

Weder in der BRD noch in der ehemaligen DDR bestand für ein nichteheliches Kind zu seinem Vater bzw. väterlichen Verwandten (und umgekehrt) ein gesetzliches Erbrecht. Nach § 1589 Abs. 2 BGB in der damals gültigen Fassung galten das Kind und der Vater als nicht verwandt. Das Kind konnte nur dann die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangen, wenn die Vaterschaft anerkannt war und es durch die Eheschließung der Eltern legitimiert wurde (§§ 1719, 1722 BGB a.F.), oder es auf Antrag des Vaters für ehelich erklärt wurde (§§ 1723 ff., 1736 BGB a.F.). Bei der Ehelicherklärung gilt es jedoch zu beachten, dass sich deren Wirkungen gemäß § 1737 Abs. 1 BGB a.F. nicht auf die Verwandten des Vaters erstreckten.

b) Erbfälle vom 1.4.1966 bis 31.12.1975 (in der DDR)

 

Rz. 90

In der Zeit vom 1.4.1966 bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches (ZGB)[44] der DDR am 1.1.1976 bestimmen sich die erbrechtlichen Verhältnisse zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater sowie den väterlichen Verwandten nach § 9 EGFGB wie folgt:

Zitat

(1) Ein Kind, das außerhalb der Ehe geboren wurde, erbt beim Tod seines Vaters oder seiner Großeltern väterlicherseits, solange es minderjährig ist, wie ein während der Ehe geborenes Kind.

(2) Nach Abs. 1 erbt auch das im Zeitpunkt des Erbfalles volljährige Kind,

1. wenn es noch unterhaltsbedürftig ist
2. wenn der Vater bis zur Volljährigkeit das Erziehungsrecht hatte
3. wenn es während der Minderjährigkeit überwiegend im Haushalt des Vaters gelebt hat oder mit ihm im Zeitpunkt des Erbfalles in einem gemeinsamen Haushalt lebte.

(3) Das volljährige Kind erbt auch, wenn beim Tod des Vaters dessen Ehefrau, Eltern, während der Ehe geborene Kinder und deren Abkömmlinge nicht mehr leben oder das Erbrecht verloren haben. Lebt nur ein Elternteil des Vaters, so erbt das Kind neben diesem.

(4) Der Vater und seine Verwandten werden nur dann gesetzliche Erben des Kindes, wenn der Vater das Erziehungsrecht für das Kind bis zur Volljährigkeit hatte, wenn es während der Minderjährigkeit überwiegend im Haushalt des Vaters gelebt hat oder zum Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Vater in einem gemeinsamen Haushalt lebte.

(5) Durch diese Bestimmungen wird die Befugnis des Erblassers, nach den Bestimmungen des Erbrechts letztwillige Verfügungen zu errichten, nicht berührt.

[44] Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) v. 19.6.1975, GBl I, 465.

c) Erbfälle vom 1.4.1966 bis 31.12.1969 (in der BRD)

 

Rz. 91

Es bestand (weiterhin) für ein nichteheliches Kind zu seinem Vater bzw. väterlichen Verwandten (und umgekehrt) kein gesetzliches Erbrecht. Nach § 1589 Abs. 2 BGB in der damals gültigen Fassung galten das Kind und der Vater als nicht verwandt. Das Kind konnte nur dann die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangen, wenn die Vaterschaft anerkannt war und es durch die Eheschließung der Eltern legitimiert wurde (§§ 1719, 1722 BGB a.F.), oder es auf Antrag des Vaters für ehelich erklärt wurde (§§ 1723 ff., 1736 BGB a.F.). Bei der Ehelicherklärung gilt es jedoch zu beachten, dass sich deren Wirkungen gemäß § 1737 Abs. 1 BGB a.F. nicht auf die Verwandten des Vaters erstreckten (siehe Erbfall vor 1.4.1966).

d) Erbfälle vom 1.1.1976 bis 2.10.1990 (in der DDR)

 

Rz. 92

Mit der Einführung des Zivilgesetzbuches der DDR (ZGB) zum 1.1.1976 wurden gemäß § 8 Abs. 1 EGZGB für alle ab diesem Zeitpunkt eingetretenen Erbfälle die nichtehelichen Kinder ohne jegliche Ausnahme wie eheliche Kinder behandelt.

e) Erbfälle vom 1.1.1970 bis 2.10.1990 (in der BRD)

 

Rz. 93

Durch die Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. mit Einführung des Gesetzes über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder (NEhelG) zum 1.1.1970 war das nichteheliche Kind, wenn nach dem 1.7.1949 geboren, zwar fortan mit dem Vater und dessen Verwandten verwandt, hatte jedoch weiterhin für den Erbfall kein uneingeschränktes Erbrecht, sondern gegebenenfalls lediglich einen wirtschaftlichen Erbersatzanspruch gegen die übrigen Erben in Höhe des fiktiven Erbanspruchs. Im Gegensatz zu ehelichen Kindern waren zudem solche nichtehelich nach dem 1.7.1949 geborenen Kinder in der Zeit zwischen der Vollendung ihres 21. und 27. Lebensjahres berechtigt, einen vorzeitigen Erbausgleich von ihrem Vater zu verlangen (§§ 1934c, b BGB a.F.). Trotz Kritik bestätigte das Bundesverfassungsgericht diese Regelung.[45]

 

Rz. 94

Nach § 1934a BGB a.F. stand einem nichtehelichen Kind und seinen Abkömmlingen beim Tode des Vater des Kindes sowie beim Tode von väterlichen Verwandten neben ehelichen Abkömmlingen des Erblassers und neben dem überlebenden Ehegatten des Erblassers anstelle des gesetzlichen Erbteils ein Erbersatzanspruch gegen den Erben in Höhe des Werts des Erbteils zu. Beim Tode eines nichtehelichen Kindes steht dem Vater und seinen Abkömmlingen, neben der Mutter und ihren ehelichen Abkömmlingen, anstelle des gesetzlichen Erbteils ein solcher Erbersatzanspruch zu. Beim Tode eines nichtehelichen Kindes sowie beim Tode eines Kindes des nichtehelichen Kindes steht dem Vater des nichtehelichen Kindes und seinen Verwandten neben dem überlebenden Ehegatten des Er...

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