Rz. 151
Die nachfolgenden Ausführungen stellen nur eine rudimentäre Übersicht der insgesamt sehr umfangreichen Problemstellungen dar. Im Hinblick auf die Vielzahl der Veröffentlichungen zur Europäischen Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) und entsprechend umfangreichen speziellen Nachschlagewerken dazu, soll hiermit lediglich ein erster Überblick über das anzuwendende Recht und die Folgen einer Auslandsberührung ermöglicht werden. Erbfälle mit Bezug ins Ausland stellen erfahrungsgemäß immer eine besondere Schwierigkeit und Herausforderung dar und machen es erforderlich, dass sich der Nachlasspfleger und auch das Nachlassgericht eingehend und vertieft mit dem jeweils anzuwendenden Recht und den Folgen der Auslandsberührung befassen müssen. Im Rahmen dieses Handbuches ist eine derart umfassende weltweite Übersicht und eine Darstellung sämtlicher Problemkreise aus Platzgründen jedoch nicht abbildbar.
Rz. 152
Grundsätzlich gilt: Zum 17.8.2015 trat zur Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012, das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVG) in Kraft.
Für alle ab dem 17.8.2015 eingetretenen Erbfälle richtet sich demnach die Frage, nach welchem Recht der Erblasser beerbt wird, nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit. Vielmehr unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen eines Erblassers grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem er zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Rz. 153
Bilaterale Staatsverträge mit Drittstaaten und die daraus ggf. folgenden abweichenden Regelungen gehen den Regelungen der EU-ErbVO vor. Für Deutschland gibt es folgende bilaterale Übereinkommen:
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Deutsch-Türkischer Konsularvertrag vom 28.5.1929 |
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Deutsch-Sowjetischer Konsularvertrag vom 25.4.1958 |
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Deutsch-Persisches Niederlassungsabkommen vom 17.2.1929. |
Bezüglich des Deutsch-Sowjetischen Konsularvertrages bleibt anzumerken, dass die Russische Föderation durch Note vom 24.11.1991 die völkerrechtlichen Verträge der früheren Sowjetunion übernommen hat. Die meisten Nachfolgestaaten der UdSSR, nämlich Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Tadschikistan, Ukraine, Usbekistan und Weißrussland, haben sich dem angeschlossen.
Rz. 154
Der Erblasser kann abweichend vom Grundsatz des gewöhnlichen Aufenthaltes durch eine letztwillige Verfügung das Recht des Staates, dem der Erblasser angehört, wählen (Rechtswahl). Wer mehreren Staaten angehört, kann einen dieser Staaten für die Erbrechtswahl auswählen, auch wenn dies kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist.