aa) Personenkreis
Rz. 214
Wie dargestellt, ist die Benutzung der Personenstandsregister infolge des Datenschutzes gemäß § 62 PStG nur einem eingeschränkten Personenkreis gestattet. Zu diesem Kreis der unmittelbar berechtigten Personen gehören
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Personen, auf die sich der Eintrag bezieht, |
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deren Ehegatten, Lebenspartner, |
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Vorfahren und Abkömmlinge, |
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Geschwister bei Geburten- und Sterbeeinträgen von Geschwistern. |
Rz. 215
Andere Personen, denen kein unmittelbares Benutzungsrecht zusteht, haben nach § 62 Abs. 1 S. 2 PStG ein mittelbares Recht auf Nutzung der Personenstandsbücher und Sammelakten nur dann, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen.
Rz. 216
Die Benutzung der Register durch Behörden und Gerichte ist in § 65 PStG geregelt. Nach bisher herrschender Meinung gehört der gerichtlich bestellte Nachlasspfleger jedoch nicht zu diesem Berechtigtenkreis. Vielmehr gehört er zum Kreis der Personen, denen nur ein mittelbares Recht auf Nutzung der Register zusteht, so dass er stets das rechtliche Interesse glaubhaft machen muss. Dies deswegen, weil der Nachlasspfleger keine Behördeneigenschaft hat, sondern der gesetzliche Vertreter der Erben ist und in dieser Eigenschaft sein rechtliches Interesse begründet ist.
Gleichwohl ist z.B. die Frage, ob z.B. ein Notar eine Behörde ist, nicht eindeutig zu beantworten. Dies ist danach zu entscheiden, ob er im Einzelfall im Rahmen der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben tätig wird oder die Interessen eines privaten Auftraggebers wahrnimmt (z.B. Urkundenbeschaffung für Erbscheinsantragsteller). Da der Nachlasspfleger im Rahmen seiner ihm durch nachlassgerichtlichen Beschluss übertragenen Erbenermittlungsverpflichtung keine privaten Interessen wahrnehmen dürfte, könnte demnach auch ihm zumindest eine behördenähnliche Stellung eingeräumt werden. Letztlich dürfte dies jedoch in der Praxis keine wesentliche Bedeutung haben, da der Nachlasspfleger grundsätzlich ein rechtliches Interesse im Sinne von § 62 PStG hat.
bb) Rechtliches Interesse und dessen Glaubhaftmachung
Rz. 217
Der Begriff des rechtlichen Interesses ist weder im Personenstandsgesetz noch in anderen Gesetzen näher bestimmt, jedoch durch die Rechtsprechung näher konkretisiert. Ein Interesse an der Nutzung der Personenstandsregister ist nur gegeben, wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten eines anderen zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist. Während ein berechtigtes Interesse ein nach vernünftiger Erwägung durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse ist, das nicht nur rechtlicher sondern auch wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann, setzt ein rechtliches Interesse ein bereits bestehendes Recht voraus, das ohne die erstrebte Handlung in seinem Rechtsbestand gefährdet sein muss.
Rz. 218
Der Antragsteller muss das rechtliche Interesse glaubhaft machen. Es genügt also ein geringerer Grad der Beweisführung. Insbesondere ist die Versicherung an Eides Statt als Beweismittel zugelassen (vgl. § 31 Abs. 1 FamFG bzw. § 294 ZPO). Der Beweis begründet die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, die Glaubhaftmachung nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die behauptete Tatsache vorliegt.
Rz. 219
Dem Standesbeamten muss also nicht die volle Überzeugung, sondern lediglich die erhebliche Wahrscheinlichkeit vermittelt werden, dass die Tatsachen, die ein rechtliches Interesse begründen, vorliegen. Das Erfordernis der Glaubhaftmachung ist bereits dann erfüllt, wenn es gut möglich ist, dass das rechtliche Interesse besteht. Das Bestehen des rechtlichen Interesses muss also wahrscheinlicher sein als sein Nichtbestehen, infolgedessen auch der Standesbeamte keine Versicherung an Eides Statt verlangen kann, weil eine entsprechende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage fehlt. Das Standesamt ist jedoch nicht gehindert, eine unverlangt vorgelegte Versicherung entsprechend zu würdigen.
Rz. 220
Wer einen Erbschein beantragt, muss die Richtigkeit seiner Angaben durch die Vorlage öffentlicher Urkunden belegen (§ 352 Abs. 3 FamFG). Der Erbe muss insoweit versuchen, die entsprechenden Personenstandsurkunden, die seine Erbenstellung belegen, selbst zu beschaffen. Daher steht dem Erben ein rechtliches Interesse an der Erlangung solcher Urkunden und Auskünfte sowohl zur Belegung seines Erbrechts, als auch der Ermittlung und Belegung weiterer Erben und weggefallener Verwandter, im Sinne von § 352 Abs. 1 FamFG zu.
Rz. 221
Bei unbekannten Erben hat das Nachlassgericht bis zur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Zu diesem Zweck kann ein Nachlasspfleger zur Sicherung des Nachlasses und Ermittlung der unbekannten Erben bestellt werden (vgl. § 1960 BGB). Der Nachlasspfleger hat für den noch nicht bekannten Erben den Nachlass zu sichern und zu erhalten. In diesem Rahmen hat er die Rechtsstellun...