Rz. 89
Wegen der im Erbrecht vorgesehenen besonderen Folgen des Erbschaftskaufs für den Käufer (Haftung des Käufers für Nachlassverbindlichkeiten) wurde in der Literatur vielfach ein untrennbarer Zusammenhang mit dem Erbstatut unterstellt, der notwendigerweise eine erbrechtliche Qualifikation verlange. Dieses Argument kann schon deswegen wenig überzeugen, weil auch ein Kaufvertrag über Gesellschaftsanteile selbst im Fall der Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, der in weitgehend vergleichbarer Weise mit dem Gesellschaftsstatut der Objektgesellschaft verquickt ist, ohne Probleme einem eigenständig angeknüpften Kaufvertragsstatut unterstellt wird. Darüber hinaus ist die erbrechtliche Qualifikation praktisch nicht mehr zu handhaben, wenn die einheitlich verkaufte Erbschaft sich in mehrere Spaltnachlässe aufteilt. Die neuere Gegenansicht vertritt daher zutreffend die vertragsrechtliche Qualifikation. Anwendbar ist daher das nach den Vorschriften der Rom I-VO bestimmte Vertragsstatut. Vorrangig gilt das von den Vertragsparteien vertraglich vereinbarte Schuldvertragsstatut, Art. 3 Rom I-VO. Mangels Rechtswahl ist auf die engste Verbindung abzustellen, Art. 4 Rom I-VO. Diese ist regelmäßig am gewöhnlichen Aufenthalt des Verkäufers gegeben. Je nach den konkreten Umständen mag hier aber auch das für den verkauften Nachlass geltende Erbstatut gelten.
Rz. 90
Freilich ist dem Erbstatut zu entnehmen, ob die Übertragung des Erbteils überhaupt möglich ist, wie die Übertragung der Anteile erfolgt und in welcher Weise sich die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Käufer und den Verkäufer erstrecken. Mangels einer speziellen Formvorschrift für die Art von Verfügungen unter Lebenden über Rechte, die sich aus dem nach den Regeln der EuErbVO ermittelten Erbstatut ergeben, ist auch auf die Formwirksamkeit der Abtretung ausschließlich das Erbstatut als Geschäftsstatut anzuwenden. Erbrechtlich, da ausschließlich die Ausgestaltung der Erbengemeinschaft betreffend, ist auch zu qualifizieren, welche Vorkaufsrechte den Miterben zustehen und ob diesen irgendwelche Vetorechte gegen die Abtretung zustehen bzw. sie dieser zustimmen müssen. Für die Erfüllung des Kaufvertrages, also auf die Voraussetzungen für die Übertragung der Rechte, gilt das Erbstatut, wenn sich der Erbteil hiernach als gesamthänderische Beteiligung der Erben am Nachlass oder als Anspruch gegen den personal representative darstellt. Ist dagegen der Erbe nach Maßgabe des Erbstatuts mit Eintritt des Erbfalls unmittelbar Miteigentümer der zum Nachlass gehörenden Gegenstände geworden (wie z.B. nach dem französischen oder italienischen Recht), gilt für die Übertragung das für die einzelnen Nachlassgegenstände geltende jeweilige Einzelstatut (z.B. gem. Art. 43 Abs. 1 EGBGB das Belegenheitsrecht). Bei inländischen Grundstücken im Nachlass bedeutet dies dann die Notwendigkeit einer Auflassung vor dem deutschen Notar.