a) Art der vertragsmäßigen Verfügungen
aa) Grundsatz
Rz. 22
Welche letztwilligen Verfügungen in einem Erbvertrag vertragsmäßig getroffen werden können, bestimmt § 2278 Abs. 2 BGB. Genannt werden dort nur
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die Erbeinsetzung, |
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die Anordnung eines Vermächtnisses, |
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die Auflage und |
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die erbrechtliche Rechtswahl. |
Zu beachten: Nicht das Negativum der Enterbung, sondern nur die positive Erbeinsetzung kann erbvertraglich sein, eine Enterbung ist deshalb nur einseitig (§ 2299 BGB).
Rz. 23
Bei der Auslegung einer erbvertragsmäßigen Verfügung i.S.v. § 2278 BGB ist zu ermitteln, was die Vertragsteile im maßgebenden Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags erklärt haben und wie das Erklärte aus der Sicht des anderen Teils zu verstehen war. Die Annahme einer vertragsmäßigen Verfügung liegt im Übrigen – unabhängig vom Wortlaut – besonders nahe, wenn sich Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und wenn es sich um die eigenen Kinder begünstigende Verfügungen handelt.
Der Grund für die Einengung der Bandbreite möglicher vertragsmäßiger Verfügungen in § 2278 Abs. 2 BGB liegt darin, dass sich der Erblasser mit einer vertragsmäßigen Verfügung seiner Testierfreiheit begibt, anders lautende Verfügungen zu treffen. Da es sich insoweit um eine Ausnahme von § 2302 BGB handelt, soll dies nur in eingeschränktem Umfang möglich sein, um die Testierfreiheit des Erblassers noch für einen Rest zu erhalten.
bb) Entscheidend für die Vertragsmäßigkeit ist der Erblasserwille
Rz. 24
Die in § 2278 Abs. 2 BGB genannten Verfügungen (Erbeinsetzung, Vermächtnis- und Auflagenanordnung sowie Rechtswahl) können zwar vertragsmäßig getroffen werden, sie müssen es aber nicht. In jedem einzelnen Fall ist eine Überprüfung und Abgrenzung danach vorzunehmen, ob die betreffende Verfügung vertragsmäßig oder einseitig getroffen wurde.
Es ist Aufgabe des Beraters, insoweit eindeutige Bestimmungen in den Erbvertrag aufzunehmen, um späteren Auslegungsschwierigkeiten zu begegnen.
cc) Interessenlage als Auslegungskriterium
Rz. 25
Wurde trotzdem nicht ausdrücklich gekennzeichnet, welche Verfügungen vertragsgemäß und welche einseitig sind, so ist fraglich, nach welchen Kriterien eine Einordnung vorzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es auf die Interessenlage der Parteien an. Dafür spricht der Vertragscharakter, auch wenn es sich nur um einen einseitigen Erbvertrag handelt, auf den die §§ 133, 157 BGB bei der Vertragsauslegung angewandt werden. Danach kann eine Verfügung dann als vertragsmäßig qualifiziert werden, wenn die Vertragsparteien sie der vertraglichen Bindung unterwerfen wollten. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Vertragspartner ein eigenes Interesse an der Verfügung hat, insbesondere also bei einer Zuwendung an den Vertragspartner oder an eine ihm nahestehende Person.
Rz. 26
Die Annahme einer vertragsmäßigen Verfügung liegt im Übrigen – unabhängig vom Wortlaut – besonders nahe, wenn sich Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und wenn es sich um die eigenen Kinder begünstigende Verfügungen handelt.
Rz. 27
Ein notarieller Erbvertrag, in dem sich Ehegatten zu Alleinerben einsetzen, der aber keine vertragsmäßige Verfügung enthält, ist als gemeinschaftliches Testament auszulegen.
dd) Erbrechtliche Rechtswahl
Rz. 28
Die EuErbVO unterscheidet zwischen dem anzuwendenden Erbstatut (Welches nationale Erbrecht ist auf einen konkreten Erbfall anzuwenden?) und dem Errichtungsstatut (Welche Art von Verfügungen von Todes wegen ist zulässig?). Das anzuwendende Erbstatut ist geregelt in Art. 21, 22 EuErbVO, das Errichtungsstatut in Bezug auf einen Erbvertrag in Art. 25 EuErbVO.
Rz. 29
Art. 22 EuErbVO sieht die Rechtswahl bzgl. des Erbstatuts zugunsten des Heimatrechts des Erblassers vor. In Bezug auf die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindung eines Erbvertrags (Errichtungsstatut) regelt Art. 25 Abs. 1 EuErbVO nicht das anzuwendende materielle Erbrecht (nicht das Erbstatut), sondern lediglich die Frage, ob ein Erbvertrag als Verfügung von Todes wegen überhaupt zulässig ist, wie seine materielle Wirksamkeit und seine Bindung zu beurteilen sind (Errichtungsstatut). Die Regelung des Art. 25 Abs. 3 EuErbVO, wonach für die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen eine eigene Rechtswahl vorgesehen ist, ist zu unterscheiden von der Rechtswahl bzgl. des anzuwendenden nationalen Erbrechts, Art. 22 ff. EuErbVO.
b) Wechselbezügliche (korrespektive) Verfügungen
aa) Vertragsmäßigkeit – Wechselbezüglichkeit
Rz. 30
Vertragsmäßig bedacht sein kann neben dem Vertragspartner auch ein Dritter, und zwar sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person. Von der Vertragsmäßigkeit einer angeordneten letztwilligen Verf...