Rz. 25

Wurde trotzdem nicht ausdrücklich gekennzeichnet, welche Verfügungen vertragsgemäß und welche einseitig sind, so ist fraglich, nach welchen Kriterien eine Einordnung vorzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH[18] kommt es auf die Interessenlage der Parteien an. Dafür spricht der Vertragscharakter, auch wenn es sich nur um einen einseitigen Erbvertrag handelt, auf den die §§ 133, 157 BGB bei der Vertragsauslegung angewandt werden.[19] Danach kann eine Verfügung dann als vertragsmäßig qualifiziert werden, wenn die Vertragsparteien sie der vertraglichen Bindung unterwerfen wollten. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Vertragspartner ein eigenes Interesse an der Verfügung hat, insbesondere also bei einer Zuwendung an den Vertragspartner oder an eine ihm nahestehende Person.

 

Rz. 26

Die Annahme einer vertragsmäßigen Verfügung liegt im Übrigen – unabhängig vom Wortlaut – besonders nahe, wenn sich Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und wenn es sich um die eigenen Kinder begünstigende Verfügungen handelt.[20]

 

Rz. 27

Ein notarieller Erbvertrag, in dem sich Ehegatten zu Alleinerben einsetzen, der aber keine vertragsmäßige Verfügung enthält, ist als gemeinschaftliches Testament auszulegen.[21]

[18] BGHZ 26, 204; BGHZ 36, 115, 120; BGHZ 106, 359, 361.
[19] BGHZ 106, 359, 361.
[20] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3.9.2019 – 5 W 49/19, ZEV 2020, 299; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.8.2007 – 19 U 27/07, BeckRS 2008, 8173; OLG Hamm FGPrax 2005, 30.

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