aa) Regelung des EGBGB
(1) Grundsatz: Ehewirkungsstatut = Güterrechtsstatut
Rz. 107
Nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe grundsätzlich dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Dieses Abstellen auf den Zeitpunkt der Eheschließung bewirkt eine Fixierung des Güterrechtsstatuts, so dass, selbst wenn sich das Ehewirkungsstatut ändert, das Güterrechtsstatut sich nicht wandeln kann ("Versteinerungsgrundsatz des Güterrechts").
(2) Wahl des Güterrechtsstatuts
Rz. 108
Nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB können die Eheleute ihr Güterrechtsstatut selbst wählen. Diese Rechtswahl beschränkt sich ausschließlich auf die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe.
Wählbar sind die folgenden Güterrechtsstatute:
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Heimatrecht eines der Ehegatten, |
▪ |
Recht am gewöhnlichen Aufenthalt eines Ehegatten, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Eheleute, |
▪ |
die lex rei sitae bei unbeweglichem Vermögen. |
Die Rechtswahl bedarf der notariellen Beurkundung, Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB.
Rz. 109
Etwas anderes gilt, wenn die Rechtswahl im Ausland vorgenommen wird. Nach dem Grundsatz "locus regit actum" genügt die Einhaltung der Ortsform, auch wenn diese weniger streng ist als die Formvorschriften für den Abschluss eines Ehevertrags. Dieser Grundsatz wird in Art. 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB aufgenommen.
Rz. 110
Beispiel
Der Ehemann ist deutscher Staatsangehöriger, die Ehefrau ist Schweizerin. Den Wohnsitz haben sie in der Schweiz. Dort wählen sie in privatschriftlicher Form schweizerisches Güterrecht als Heimatrecht der Ehefrau.
Nach schweizerischem Recht genügt gem. Art. 53 Abs. 1 S. 1 IPRG die Schriftform für die güterrechtliche Rechtswahl. Damit ist nach Art. 14 Abs. 4 S. 2 EGBGB die Rechtswahl formgültig getroffen.
Rz. 111
Hinweis
Eine Güterrechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB, wonach für eine bestimmte Immobilie deutsches Güterrecht gelten soll, kann zu einer Güterrechtsspaltung und damit zu einer Nachlassspaltung führen, weil die deutsche Zugewinngemeinschaft über die Zugewinnpauschale des § 1371 Abs. 1 BGB das gesetzliche Ehegattenerbrecht ändert. Deshalb ist im Einzelfall sehr sorgfältig zu prüfen, ob eine solche Rechtswahl sinnvoll ist und/oder ob sie mit einer Rechtswahl des Erbstatuts verbunden werden soll oder ob möglicherweise eine umfassende Güterrechtswahl und nicht nur eine objektbezogene Güterrechtswahl das Richtige wäre.
(3) Deutsch-französischer Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft
Rz. 112
Seit 1.5.2013 ist die Palette der Güterstände mit dem gemischt deutsch-französischen Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft angereichert. Grundlage der Neuregelung ist das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik vom 4.2.2010 und dem dazu ergangenen Gesetz vom 15.3.2012. Damit haben deutsch-französische Ehepaare bzw. eingetragene Lebenspartner die Möglichkeit, die Zugewinngemeinschaft als Güterstand zu vereinbaren. Der Güterstand steht aber auch rein deutschen und rein französischen Ehegatten/Lebenspartnern zur Verfügung.
Rz. 113
Der deutsch-französische Wahlgüterstand kann regelmäßig gewählt werden, wenn
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deutsche Ehegatten in Frankreich oder französische Ehegatten in Deutschland leben, |
▪ |
deutsch-französische Ehegatten in Frankreich oder in Deutschland leben oder |
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ausländische Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder in Frankreich haben. |
Hinweis
Er steht aber auch deutschen Ehepaaren/Lebenspartnern offen, die in Deutschland oder Frankreich leben, oder französischen, die in Frankreich oder Deutschland leben.
Rz. 114
Die Wahl-Zugewinngemeinschaft ist eine Mixtur aus deutschem und französischem Güterrecht:
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Die Vermögen beider Partner bleiben getrennt (wie deutsches Recht). |
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Bei Beendigung des Güterstands wird der erzielte Zugewinn auf schuldrechtlicher Basis ausgeglichen (wie deutsches Recht). |
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Schmerzensgeld und zufällige Wertsteigerungen von Immobilien (unechter Zugewinn, z.B. bei Veränderung der baulichen Nutzungsmöglichkeit) werden im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt (wie französisches Recht). |
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Bei Beendigung des Güterstands durch Tod eines Partners findet keine Erhöhung des Erbteils für den Überlebenden statt (wie französisches Recht). |