Rz. 1105

Soweit SVT und sonstige Drittleistungsträger kongruente Leistungen erbringen, kürzen diese wegen des Forderungsüberganges nach § 116 SGB X den vom Anspruchsberechtigten selbst noch geltend zu machenden Ersatzanspruch. Bei möglicher Zuständigkeit eines SHT gelten allerdings Besonderheiten:

(a) Vergangenheit

 

Rz. 1106

In der Vergangenheit unfallkausal bereits geleistete Sozialhilfe muss vom geltend gemachten Verdienstausfall abgezogen werden. Hier greift der Forderungsübergang nach § 116 SGB X zugunsten des SHT. Vor Zahlung an den unmittelbar Anspruchsberechtigten muss geklärt sein, welche Zahlungen vom SHT erfolgt sind und ob diese Leistungen zwischenzeitlich eingestellt wurden.

(b) Zukunft

 

Rz. 1107

Soweit der Anspruchsberechtigte auch in Zukunft Anspruch auf Sozialhilfeleistungen haben könnte, sind diese zukünftig anfallenden Leistungen nur ausnahmsweise mindernd beim Anspruch des Anspruchsberechtigten zu berücksichtigen.[694] Verdienstausfallansprüche (in regelmäßig wiederkehrender Höhe zu entrichtende Rentenbeträge), die einem Verletzten für die Zukunft zustehen, müssen ihm ohne Berücksichtigung etwaiger Sozialhilfeansprüche zuerkannt werden.[695] Im Hinblick auf den Subsidiaritätscharakter der Sozialhilfe muss ein Geschädigter seinen Lebensbedarf zunächst aus dem Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger decken, bevor er auf die Sozialhilfe zurückgreifen kann. Der Haftpflichtige hat keine Möglichkeit, den unmittelbar Anspruchsberechtigten zunächst auf die Sozialhilfe zu verweisen.[696]

[694] OLG Bremen v. 21.4.1998 – 3 U 45/96 – OLGR 1999, 148 = NJW-RR 1999, 1115 = VersR 1999, 1030 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 24.11.1998 – VI ZR 169/98 –).
[695] BGH v. 10.10.2002 – III ZR 205/01 – HVBG-Info 2002, 3168 = MDR 2003, 26 = NJW 2002, 3769 = NZV 2002, 557 = r+s 2003, 80 = SP 2003, 10 = VersR 2002, 1521 = zfs 2003, 14; BGH v. 3.3.1998 – VI ZR 385/96 – DAR 1998, 231 = EWiR 1998, 393 (Anm. Grunsky) = MDR 1998, 595 = NJW 1998, 1634 = NZV 1998, 279 = r+s 1998, 196 = SP 1998, 241 = VersR 1998, 772 = zfs 1998, 210, BGH v. 4.3.1997 – VI ZR 243/95 – MDR 1997, 937 = NJW 1997, 2943 = NJW-VHR 1997, 200 (nur Ls.) = NZV 1997, 302 = r+s 1997, 371 = SP 1997, 245 = VersR 1997, 751 = VRS 93, 269 = zfs 1997, 250.
[696] BGH v. 10.10.2002 – III ZR 205/01 – HVBG-Info 2002, 3168 = MDR 2003, 26 = NJW 2002, 3769 = NZV 2002, 557 = r+s 2003, 80 = SP 2003, 10 = VersR 2002, 1521 = zfs 2003, 14.

(c) Einzugsermächtigung

 

Rz. 1108

Trotz Forderungsüberganges auf den SHT verbleibt dem Geschädigten die Ermächtigung, vom Schädiger die Ersatzleistung einzufordern (Nachrang der Sozialhilfe). Der BGH[697] hat dem Geschädigten für seine künftigen Ansprüche eine Einzugsermächtigung erteilt, u.a. mit der Konsequenz, dass der Schadenersatzpflichtige auch im Verlaufe der weiteren Regulierung mit befreiender Wirkung an den unmittelbar Anspruchsberechtigten zahlen kann.

 

Hinweis

Zu Einzelheiten und Gefahren in Kapitel 16 (siehe § 16 Rn 20 ff.).[698]

[697] BGH v. 27.6.2006 – VI ZR 337/04 – BGHReport 2006, 1367 = DAR 2007, 22 (nur Ls.) = MDR 2007, 151 = NJW 2006, 3565 = NZV 2007, 33 = r+s 2007, 40 = SP 2006, 381 = SVR 2007, 58 (Anm. Lang) = VersR 2006, 1383 = VRS 111, 252 = zfs 2006, 618.
[698] Siehe ergänzend Jahnke, Abfindung von Personenschadenansprüchen, § 3 Rn 324 ff., Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, § 6 Rn 758 ff.

(d) Feststellungsurteil

 

Rz. 1109

Ein rechtskräftiges, vom Geschädigten erstrittenes Feststellungsurteil wirkt ebenso wie ein titelersetzendes Anerkenntnis zugunsten – aber auch zu Lasten – auch des SHT.[699]

 

Rz. 1110

Für den Lauf der Verjährung gegenüber dem SHT kommt es nicht auf den (in der Regel recht frühen) Kenntnisstand des Geschädigten an, sondern (zur Vermeidung einer Schlechterstellung des SHT gegenüber einem SVT) auf die Kenntnis des beim SHT regressbefugten Sachbearbeiters.[700]

[699] BGH v. 5.3.2002 – VI ZR 442/00 – BGHZ 150, 94 = EWiR 2002, 745 (nur Ls.) (Anm. Plagemann) = HVBG-Info 2002, 1949 = NJW 2002, 1877 = NVersZ 2002, 332 = NZV 2002, 266 = r+s 2002, 241 = SP 2002, 236 = VersR 2002, 869 = VRS 102, 447 = ZIP 2002, 1462 = zfs 2002, 337; für außergerichtliches Anerkenntnis OLG Köln v. 8.5.1998 – 19 U 210/97 – HVBG-Info 1999, 1618 = OLGR 1998, 249 = SGb 19999, 133 (nur Ls.) = VersR 1998, 1307 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 23.3.1999 – VI ZR 179/98 –).
[700] BGH v. 12.12.1995 – VI ZR 271/94 – BGHZ 131, 274 = FamRZ 1996, 279 = HVBG-Info 1996, 516 = JR 199, 14 (Anm. Müller/Steinmeyer) = MDR 1996, 799 = NJW 1996, 726 = NJW-RR 1996, 1306 = NVwZ 1996, 515 (nur Ls.) = NZV 1996, 110 = r+s 1996, 102 = SP 1996, 79 = VersR 1996, 349 = VRS 90, 358 = WI 1996, 34 = zfs 1996, 90.

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