Rz. 1640

Insbesondere Kinder sind bis zum Eintritt in die Rentenversicherung (erstmalige Begründung einer Pflichtmitgliedschaft, §§ 14 SGB VI) alleinige Inhaber der Forderung auch hinsichtlich des Rentenminderungsschadens, zu dem der Regress nach § 119 SGB X kongruent ist.[1065]

 

Rz. 1641

Die Regressberechtigung beginnt erst für Zeiträume ab der ersten Beitragsentrichtung und wirkt nicht zurück. Wird z.B. ein Schüler verletzt und liegt unfallkausal ein verspäteter Berufseintritt vor, kann der RVT für den vor der ersten Beitragszahlung[1066] (z.B. mit Aufnahme einer Lehre) liegenden Zeitraum keinen Regress nehmen.

 

Rz. 1642

RVT erfahren teilweise bereits vor Entrichtung des ersten Pflichtbeitrages von einer schweren Verletzung einer bei ihnen noch nicht selbst versicherten Person (z.B. bei Gewährung einer Heilmaßnahme aus der Versicherung der Eltern des Verletzten, siehe Rn 1645) oder bei freiwilliger Versicherung.

 

Rz. 1643

Solange für den Verletzten noch kein Pflichtbeitrag[1067] (nur für den Regress nach § 116 SGB X reicht auch ein freiwilliger RV-Beitrag aus) entrichtet ist, kann ein RVT, der befürchtet später vielleicht einmal zuständig zu werden (z.B. bei Kindern[1068] die noch keinen Beitrag entrichtet haben), im Hinblick auf später vielleicht anstehende Regressansprüche[1069] nicht selbst auf Sicherung dieser etwaig ihm einmal zustehenden Ansprüchen drängen. Das Begehren des RVT ist unter Hinweis auf fehlende Aktivlegitimation/Forderungsberechtigung[1070] zurückzuweisen. Die entsprechenden Schadenersatzansprüche verbleiben bis zur erstmaligen Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses in der Hand des verletzten Kindes.[1071] RVT können daher für Kinder oder andere (noch) nicht pflichtversicherte Personen vor der Buchung des ersten Pflichtbeitrages weder ein Anerkenntnis noch einen Verjährungsverzicht zur Sicherung des Regresses nach § 119 SGB X vom Ersatzpflichtigen fordern.

 

Rz. 1644

Zu beachten ist, dass der RVT damit Kenntnis vom Schadenfall (z.B. des Kindes) hat und von daher eine Verjährung in Gang gesetzt wird:[1072] Die Verjährung beginnt jedenfalls mit Begründung eines (freiwilligen oder pflichtigen) Rentenversicherungsverhältnisses, soweit auf die Rentenversicherung selbst abzustellen ist.[1073] Hier muss der RVT Vorsorge treffen, um – soweit dann überhaupt noch möglich – rechtzeitig seine Ansprüche zu sichern. Hervorzuheben bleibt, dass Kenntnisse in der Person des Kindes oder seiner Vertreter auch gegen Rechtsnachfolger wirken, zu denen auch die Rentenversicherung zählt.[1074]

 

Rz. 1645

Die Zuständigkeit für Heilmaßnahmen aus der Versicherung der Eltern (§ 31 I Nr. 4 SGB VI i.V.m. Gemeinsamer Richtlinie der Träger der Rentenversicherung für Kinderheilbehandlung) berechtigt ausschließlich zur Sicherung von Ansprüchen nach § 116 SGB X[1075] (und zwar nur soweit sie aus der Versicherung der Eltern resultieren, d.h. nur für Heilmaßnahmen), nicht aber der Ansprüche nach § 119 SGB X.

 

Rz. 1646

Werden zu keinem Zeitpunkt RV-Beiträge abgeführt, kommt es auch nicht zu einer Zuständigkeit des RVT für Ersatzansprüche wegen Nichtzahlung von RV-Beiträgen. Rein fiktiver Entgang solcher Beiträge bleibt außer Betracht. Ein Anspruch nach § 119 SGB X soll nach der gesetzgeberischen Begründung[1076] nicht bereits dann bestehen, wenn davon auszugehen ist, dass der Geschädigte, wäre es zum Schadenereignis nicht gekommen, eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hätte (fiktive Betrachtung). Hier muss der Geschädigte selbst tätig werden. Erst wenn der Geschädigte nach dem Schadenereignis auch tatsächlich pflichtversichert wird, geht insoweit der Anspruch auf den Rentenversicherer dann ab diesem Zeitpunkt über.

[1065] BGH v. 24.4.2012 – VI ZR 329/10 – GesR 2012, 475 = jurisPR-SozR 13/2012 Anm. 6 (Anm. Dahm) = jurisPR-VerkR 14/2012, Anm. 2 (Anm. Jahnke) = MDR 2012, 840 = NJW 2012, 3639 (Anm. Giesen NJW 2012, 3609) = NJW-Spezial 2012, 394 = NZS 2012, 752 (nur Ls.) = NZV 2012, 577 (Anm. Dahm NZV 2012, 575) = r+s 2012, 414 = SP 2012, 284 = VersR 2012, 924 = VRS 123, 167; LG Gera v. 19.6.2008 – 6 O 1457/07 – jurisPR-VerkR 16/2008, Anm. 5 (Anm. Jahnke) = r+s 2008, 400 (Anm. Jahnke). Siehe auch BGH v. 18.12.2007 – VI ZR 278/06 – BGHReport 2008, 435 = DAR 2008, 200 (nur Ls.) = FamRZ 2008, 685 = MDR 2008, 383 = NJW 2008, 1961 = NJW-Spezial 2008, 137 = NZV 2008, 392 = r+s 2008, 174 = SP 2008, 141 = VersR 2008, 513 = VRS 114, 223 = zfs 2008, 261.
[1066] Siehe auch BT-Drucks 14/4375 v. 24.10.2000, S. 61: Erst wenn der Geschädigte, der bis zum Schadensereignis nicht pflichtversichert war, in der Rentenversicherung nach dem Schadensereignis pflichtversichert wird, geht insoweit der Anspruch auf den RVT über.
[1067] Nur für den Regress nach § 116 SGB X reicht auch ein freiwilliger RV-Beitrag aus.
[1068] Gleiches gilt für alle diejenigen Personen, die noch keine RV-Beiträge abgeführt haben (z.B. häufig Schüler und Studenten). Zu beachten ist gerade für Schwerverletzte, dass die Tätigkeit in einer beschützenden Werkstatt zur Pf...

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