Rz. 1068
Die dritte sozialrechtliche Stütze neben der Sozialversicherung und der Sozialversorgung (u.a. BVG) bildet die Sozialhilfe.
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Bis 2.1.2005 (einige für die Schadenregulierung weniger wichtige Vorschriften traten bereits früher in Kraft) galt das im BSHG mit seinen Durchführungsverordnungen, aber auch in etlichen Spezialgesetzen des Bundes und der Länder, geregelte Sozialhilferecht |
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seit 2005 gelten die – auf das SGB II abgestimmten – Bestimmungen des SGB XII. Das SGB XII kommt letztlich dem Anliegen einer Fortentwicklung und Zusammenfassung des Sozialhilferechtes nach. |
aa) Leistungsträger
Rz. 1069
Nach § 98 SGB XII ist für die Sozialhilfe örtlich zuständig derjenige SHT, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird (§ 98 I 2 SGB XII).
bb) Leistungsberechtigung
(1) Personenkreis
Rz. 1070
Erwerbsunfähige erhalten anstelle von ALG II Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII.
Rz. 1071
Auch Ausländer, die sich in Deutschland aufhalten, haben nach § 23 SGB XII (§ 120 I BSHG) Anspruch u.a. auf Hilfen zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe. Ausgeschlossen sind dabei allerdings Leistungsberechtigte nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), § 23 II SGB XII.
(2) Bedürftigkeit
Rz. 1072
Anspruchsberechtigt ist derjenige, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausschließlich aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten kann, § 19 I SGB XII (§ 11 BSHG). Grundsätzlich wird jedes Einkommen und Vermögen angerechnet (zur Berechnung im Einzelnen siehe §§ 82 ff. SGB XII). Auch Vermögen von ehelichen und nicht-ehelichen Partnern wird – wie im SGB II – berücksichtigt (§§ 19 I 2, 20, 36 SGB XII).
(3) Einkommen
Rz. 1073
Grundsätzlich wird jedes Einkommen und Vermögen angerechnet (zur Berechnung im Einzelnen siehe §§ 82 ff. SGB XII, §§ 76 ff. BSHG). Einige Vermögensgegenstände und Einnahmen sind allerdings geschützt.
Rz. 1074
Schmerzensgeld gehört zum Schonvermögen i.S.d. Sozialhilferechtes und ist nur eingeschränkt mit Sozialhilfeleistungen verrechenbar. Entschädigungen nach § 253 II BGB (Unfälle nach dem 31.7.2002) bzw. § 847 BGB a.F. (Unfälle bis zum 1.8.2002) sind nicht als Einkommen im Rahmen des BSHG zu berücksichtigen; § 83 II SGB XII ist deckungsgleich mit § 77 II BSHG. Die Verwertung eines aus einer Schmerzensgeldzahlung stammenden Vermögens bedeutet eine nicht hinzunehmende Härte (§ 12 III 1 Nr. 6 SGB II), soweit sich das Vermögen in seiner vorhandenen Höhe eindeutig auf die Schmerzensgeldzahlung nach § 253 II BGB zurückführen lässt. Zinseinnahmen aus dem angelegten Schmerzensgeldkapital sind jedenfalls dann nicht anzurechnen, wenn sie die Grundrente nach § 31 BVG nicht überschreiten. Bei der Berechnung von Wohngeld und in der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind Zinseinkünfte aus angelegtem Schmerzensgeld als Einkommen zu berücksichtigen.
Rz. 1075
Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung sind, da es sich um eine Summenversicherung handelt, nicht zu Lasten des Verletzten auf Schadenersatzleistungen anzurechnen. Auch geht der Anspruch auf Leistungen aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag nicht nach § 116 SGB X auf einen SHT über.
Rz. 1076
Die Grundrente nach BVG (oder nach Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen) zählt nicht zum Einkommen. Verletztenrenten sind demgegenüber ungekürzt als Einkommen auf Sozialhilfeleistungen anzurechnen, da eine Gleichstellung mit der BVG-Grundrente mangels Vorliegen einer vom Gesetzgeber in §§ 76, 77 BSHG und § 82 SGB XII übersehenen Gesetzeslücke nicht möglich ist.