Rz. 126
Bleibt die Vermutung unwiderlegt, wird der Betreffende sozialversicherungsrechtlich wie ein abhängig Beschäftigter behandelt.
(1) Versicherungspflicht
Rz. 127
Es besteht Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Der Auftraggeber gilt dann als Arbeitgeber und hat demzufolge u.a. die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge zu tragen. Der Arbeitgeber muss u.U. bis zu 4 Jahre rückwärts (§ 25 SGB IV; bei Vorsatz 30 Jahre) die üblichen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Gesamtsozialversicherungsbetrag, § 28d SGB IV) abführen, kann aber die Arbeitnehmeranteile nur für bis zu 3 Monate (§ 28g SGB IV) beim Arbeitnehmer einbehalten.
(2) Sozialleistungen
Rz. 128
Da der Scheinselbstständige ein abhängig Beschäftigter ist, greifen die Sicherungen und Zuständigkeiten des Sozialleistungssystems, insbesondere kann die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung begründet sein. Auch rentenrechtliche Warte- und Vorversicherungszeiten können nunmehr erfüllt sein.
Rz. 129
Da der Forderungswechsel gemäß §§ 116, 119 SGB X auch bei erst späterer Feststellung bereits im Unfallzeitpunkt erfolgt, kann der Schadenersatzpflichtige (und damit auch seine Haftpflichtversicherung) nur schwer ohne Missachtung der §§ 412, 407 I BGB (gutgläubige Leistung an einen Nichtberechtigten) mit befreiender Wirkung noch Leistungen an den unmittelbar Verletzten erbringen. Dem unmittelbar Geschädigten fehlt zugleich die Aktivlegitimation; Prozessstandschaft oder Abtretung seitens des Sozialversicherers ist nicht möglich.
Rz. 130
Ein Verzicht auf Sozialleistungen und/oder eine Abtretung seitens des unmittelbar Verletzten helfen nur eingeschränkt weiter. Zwar kann nach § 46 I Hs. 1 SGB I der Versicherte auf alle Sozialleistungen verzichten, der Verzicht ist jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerruflich (§ 46 I Hs. 2 SGB I) (siehe Rn 431).
Rz. 131
Zur Erfüllung oder Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen oder auf Erstattung von Aufwendungen können – unter Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes – solche Ansprüche auf Geldleistungen abgetreten und verpfändet werden (§ 53 II SGB I), die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung erbracht wurden. Soweit ein Anspruch des Versicherten auf Geldleistungen gegenüber einem SVT dann abgetreten werden kann, bedarf die Abtretung allerdings der Genehmigung des zuständigen SVT (§ 53 II Nr. 2 SGB I).
Rz. 132
Für Rentenminderungsschäden ist § 119 SGB X zu bedenken. Es gilt wie bei § 116 SGB X, dass der Forderungswechsel bereits im Unfallzeitpunkt stattgefunden haben kann.
(3) Arbeitsunfall
Rz. 133
Auch im Rahmen der §§ 104 ff. SGB VII (Haftungsausschluss beim Arbeitsunfall) gilt der Betreffende nunmehr als versicherter Arbeitnehmer.