Rz. 171

Fraglich ist, ob die Werte auch dann zusammen zu rechnen sind, wenn der Auftrag zu einem späteren Zeitpunkt um die weiteren Ansprüche erweitert wird oder ob sich dann eine neue Angelegenheit ergibt und die Geschäftsgebühr daher mehrfach aus den unterschiedlichen Werten berechnet werden kann. Diese Fallgestaltung kommt z.B. häufig bei der Durchsetzung von Mietforderungen oder aus sonstigen Dauerschuldverhältnissen, etwa Telekommunikations-, Energieversorgungs- oder Versicherungsverträgen vor.

 

Rz. 172

 

Beispiel

Zunächst wird der RA mit der außergerichtlichen Geltendmachung der rückständigen Mieten Januar bis März beauftragt und nach Aufnahme der Tätigkeit des RA erhält dieser den Auftrag, auch die zwischenzeitlich rückständigen Mieten April und Mai zu realisieren.

 

Rz. 173

Die gesamte Tätigkeit in Bezug auf alle Ansprüche ist als eine Angelegenheit zu werten, wenn ein einheitlicher Auftrag vorliegt, ein innerer Sachzusammenhang besteht und die Mandatsbearbeitung in einem einheitlichen Rahmen erfolgt. Nähere Ausführungen hierzu § 2 Rdn 83 ff.

Auch bei nacheinander erteilten Teilaufträgen kann ein einheitlicher Auftrag vorliegen, nämlich dann, wenn Einigkeit darüber besteht, dass die erteilten Aufträge gemeinsam behandelt werden sollen und ein Zusammenhang zwischen den Ansprüchen besteht.[75]

Ein innerer Sachzusammenhang ist gegeben, wenn die Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang resultieren und im Falle einer gerichtlichen Durchsetzung in einem Verfahren gleichzeitig verfolgt werden können.

Der gleiche Rahmen liegt vor, wenn die Mandatsbearbeitung einheitlich erfolgen kann, insbesondere, wenn der Gegner derselbe ist.

Die zuvor genannten drei Kriterien sind in dem genannten Beispiel erfüllt, so dass die Tätigkeit als eine Angelegenheit zu werten ist mit der Folge, dass die Gegenstände (einzelne Mieten) gem. § 22 Abs. 2 RVG zusammenzurechnen sind. Anders ist allerdings zu entscheiden, wenn die Bearbeitung der zunächst übergebenen Forderungen schon so weit fortgeschritten ist, dass eine Zusammenfassung nicht mehr zweckmäßig ist. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn für die früheren Forderungen bereits der Mahnbescheid beantragt wurde, während die neueren Forderungen zunächst vorgerichtlich anzumahnen sind.

Ähnlich gelagerte Fälle können sich z.B. auch bei Forderungen für unterschiedliche Zeitabschnitte aus Mitgliedschaftsverträgen, Arbeitnehmerüberlassungsverträgen oder Schadensersatzforderungen aus einem Vorfall aufgrund unerlaubter Handlung (zunächst Sachschaden und später Schmerzensgeld) ergeben.

[75] Schneider/Wolf/N. Schneider, RVG, § 15 Rn 24.

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