Frank-Michael Goebel, Claudia Wagener-Neef
Rz. 102
Ist der Gegenstand der außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeit identisch, ist die außergerichtliche Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Gegenstandsidentität kann in voller Höhe gegeben sein, der Wert des Gegenstandes der außergerichtlichen Tätigkeit kann aber auch im Verhältnis zur gerichtlichen Interessenwahrnehmung niedriger oder höher sein.
Rz. 103
Beispiel für "identischer Gegenstand"
Der RA fordert den Gegner auftragsgemäß vorgerichtlich auf, die Forderung seines Mandanten in Höhe von 15.000,00 EUR auszugleichen. Nachdem der Gegner aufgrund der außergerichtlichen Bemühungen des RA nicht zahlt, erhebt der RA Klage mit dem Ergebnis, dass nach mündlicher Verhandlung das Urteil antragsgemäß ergeht.
Außergerichtliche Tätigkeit: |
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Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG (1,3) aus 15.000,00 EUR |
845,00 EUR |
Post- und Telekommunikationsentgelte gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
865,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
164,35 EUR |
Summe |
1.029,35 EUR |
Gerichtliche Vertretung: |
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Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG (1,3) aus 15.000,00 EUR |
845,00 EUR |
./. Anrechnung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG (0,65) aus 15.000,00 EUR |
./. 422,50 EUR |
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422,50 EUR |
Terminsgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG (1,2) aus 15.000,00 EUR |
780,00 EUR |
Post- und Telekommunikationsentgelte gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
1.222,50 EUR |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
232,28 EUR |
Summe |
1.454,78 EUR |
Gesamtbetrag aus außergerichtlicher und gerichtlicher Tätigkeit |
2.484,13 EUR |
Rz. 104
Beispiel für "Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit ist geringer"
Der RA fordert den Gegner auftragsgemäß wiederholt schriftlich und telefonisch vorgerichtlich auf, wiederkehrende Forderungen seines Mandanten per April in Höhe von 4.000,00 EUR auszugleichen. Durch mehrfache Umzüge des Schuldners in kürzester Zeit waren mehrere Adressermittlungen erforderlich. Nachdem der Gegner aufgrund der außergerichtlichen Bemühungen des RA nicht zahlt, erhebt der RA Klage wegen der per September offenstehenden Beträge von nunmehr insgesamt 9.000,00 EUR mit dem Ergebnis, dass in der mündlichen Verhandlung Versäumnisurteil antragsgemäß ergeht.
Außergerichtliche Tätigkeit: |
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Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG (1,8) aus 4.000,00 EUR |
453,60 EUR |
Post- und Telekommunikationsentgelte gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
473,60 EUR |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
89,98 EUR |
Summe |
563,58 EUR |
Gerichtliche Vertretung: |
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Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG (1,3) aus 9.000,00 EUR |
659,10 EUR |
./. Anrechnung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG (0,75) aus 4.000,00 EUR |
./. 189,00 EUR |
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470,10 EUR |
Terminsgebühr gem. Nr. 3105 i.V.m. Nr. 3104 VV RVG (0,5) aus 9.000,00 EUR |
253,50 EUR |
Post- und Telekommunikationsentgelte gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
743,60 EUR |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
141,28 EUR |
Summe |
884,88 EUR |
Gesamtbetrag aus außergerichtlicher und gerichtlicher Tätigkeit |
1.448,46 EUR |
Rz. 105
Der gemeinsame Wert für die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit liegt im vorstehenden Beispiel bei 4.000,00 EUR. Die weiteren Ansprüche von 5.000,00 EUR haben keine außergerichtliche Tätigkeit des RA erfahren, so dass insoweit eine Anrechnung nicht stattzufinden hat. Aufgrund des überdurchschnittlichen Umfangs (mehrere Telefonate und Aufenthaltsermittlungen) hatte der RA die Geschäftsgebühr über den Schwellenwert von 1,3 auf eine 1,8-Gebühr beziffert. Von 1,8 wäre der hälftige Satz eine 0,9-Gebühr. Da aber höchstens der Satz von 0,75 anzurechnen ist, ist insoweit die Kappung des Anrechnungssatzes zu beachten.
Rz. 106
Beispiel für "Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit ist höher"
Der RA wird von seinem Mandanten beauftragt, eine Werklohnforderung von 9.000,00 EUR außergerichtlich abzuwehren. Im Rahmen der vorgerichtlichen Tätigkeit kommen der RA und sein Mandant zu dem Ergebnis, dass 5.000,00 EUR des Anspruchs gerechtfertigt sind. Dieser Betrag wird gezahlt. Wegen des Restbetrags von 4.000,00 EUR erhebt der Gegner Klage. In diesem Rechtsstreit vertritt der RA seinen Mandanten auf Beklagtenseite. Es ergeht nach mündlicher Verhandlung ein streitiges Urteil.
Außergerichtliche Tätigkeit: |
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Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG (1,3) aus 9.000,00 EUR |
659,10 EUR |
Post- und Telekommunikationsentgelte gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
679,10 EUR |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
129,03 EUR |
Summe |
808,13 EUR |
Gerichtliche Vertretung: |
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Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG (1,3) aus 4.000,00 EUR |
327,60 EUR |
./. Anrechnung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG (0,65) aus 4.000,00 EUR |
./. 163,80 EUR |
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163,80 EUR |
Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG (1,2) aus 4.000,00 EUR |
302,40 EUR |
Post- und Telekommunikationsentgelte gem. Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
486,20 EUR |
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG |
92,38 EUR |
Summe |
578,58 EUR |
Gesamtbetrag aus außergerichtlicher und gerichtlicher Tätigkeit |
1.386,71 EUR |
Rz. 107
Im vorstehenden Beispiel wurde von dem außergerichtlichen Gegenstand von 9.000,00 EUR ledig...