Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 29
In grunderwerbsteuerlicher Hinsicht ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beweglichen Beteiligungsquoten wie folgt zu behandeln: Der Erwerb in Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist Erwerb durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche Steuerschuldner nach § 13 Nr. 1 GrEStG ist. Eine Änderung der Beteiligungsquoten der Partner, die insbesondere bei fremdfinanziertem Erwerb laufend infolge von unterschiedlich hohen Finanzierungsbeiträgen erfolgen kann, unterliegt m.E. bis zur Grenze der Anwachsung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG) nicht der Grunderwerbsteuer. Insbesondere kann sie schon allein deshalb nicht den Grunderwerbsteuertatbestand des Anteilseignerwechsels (Übergang vom mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter innerhalb eines Zehnjahreszeitraums) nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG erfüllen, weil die Partner nicht "neue Gesellschafter" im Sinne dieser Vorschrift, sondern Gründungs- und damit Altgesellschafter sind. Selbst wenn sich die Beteiligungsquote eines Gesellschafters infolge stark divergierender Beiträge der Partner auf 90 % oder mehr erhöht, ist der Grunderwerbsteuertatbestand der Anteilsvereinigung in einer Hand nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG nicht erfüllt. Im Kontext des § 1 Abs. 3 GrEStG wird für die Vereinigung von mindestens 90 % der Anteile bei Personengesellschaften – anders als bei Kapitalgesellschaften – die Beteiligung jedes Gesellschafters nicht – wie bei § 1 Abs. 2a GrEStG – nach der vermögensmäßigen Beteiligung gewogen, sondern nur gezählt. D.h.: jeder Partner hält i.S.d § 1 Abs. 3 GrEStG 50 % der Anteile unabhängig von der Höhe seiner vermögensmäßigen Beteiligung. M.E. erfasst auch der durch Art. 26 Nr. 1 des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26.6.2013 geschaffene Fiktionstatbestand des § 1 Abs. 3a GrEStG nicht den Fall, dass sich die Beteiligungsquoten der Partner infolge von unterschiedlich hohen Finanzierungsbeiträgen ändern. Zwar erfasst diese Vorschrift, durch die Erwerbsvorgänge mit sog. Real Estate Transfer Tax Blocker-Strukturen (RETT-Blocker) der Besteuerung unterworfen werden sollen, auch solche Rechtsvorgänge, aufgrund deren ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens (seit 1.7.2021) 90 vom Hundert an einer Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, innehat (vgl. § 1 Abs. 3a S. 1 GrEStG); damit hindert – anders als bei § 1 Abs. 2a S. 1 – GrEStG die Eigenschaft als Altgesellschafter nicht die Besteuerung und kommt es – anders als bei § 1 Abs. 3 GrEStG – auf die vermögensmäßige Beteiligung an (d.h., dass die Beteiligung an einer Personengesellschaft gewogen wird). Jedoch ist mit einer naturgemäß vorübergehenden Verschiebung von Beteiligungsquoten keine Anteilsvereinigung verbunden. Eine solche ist jedoch m.E. in § 1 Abs. 3a GrEStG vorausgesetzt, weil dieser tatbestandlich an § 1 Abs. 3 GrEStG anknüpft, welcher an den Übergang oder Untergang von Beteiligungen anknüpft.
Seit kurzem ist m.E. fraglich geworden, ob der BFH noch an seiner bisherigen Linie festhält. In einem Urt. v. 27.9.2017 hat der BFH entschieden, dass eine Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG bei einer Personengesellschaft schon dann gegeben ist, wenn der Erwerber 95 % (seit 1.7.2021 Absenkung auf 90 % durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes zu beachten) der Anteile am Gesellschaftskapital auf sich vereinigt. Damit werden also anders als bisher die Anteile doch nach der vermögensmäßigen Beteiligung gewogen und nicht gezählt. Es ging um eine GmbH & Co. KG, bei der – wie typisch – die einzige Kommanditistin zu 100 % am Vermögen beteiligt war und die einzige Komplementärin zu 0 %; die Komplementärin befand sich in anderen Händen als die Kommanditistin. Anders als bisher sieht der BFH die Kommanditistin hier im grunderwerbsteuerlichen Sinne als nicht zu 50 % (wie bisher), sondern als zu 100 % beteiligt. Der BFH begründet seine Auffassung damit, dass die wirtschaftliche Beteiligung am Stammkapital zu mindestens 95 % dem betreffenden Gesellschafter erlaubt, seinen Willen durchzusetzen. Zudem wird so ein Gleichlauf mit Kapitalgesellschaften erreicht, bei denen der BFH schon immer allein auf die Beteiligung an Kapital abgestellt hat (also gewogen und nicht gezählt hat). Freilich ist dieses Urteil des BFH zu dem Fall ergangen, dass die GmbH & Co. KG nicht selbst unmittelbar Grundbesitz hielt, sondern als sogenannte "zwischengeschaltete Personengesellschaft" an anderen Gesellschaften unmittelbar bzw. mittelbar (über weitere zwischengeschaltete Gesellschaften) an grundbesitzhaltenden Gesellschaften beteiligt war und sich der Anteilseignerwechsel auf Ebene der Großmuttergesellschaft der GmbH & Co. KG abspielte. Die Erkenntnis des BFH, der eine eingehende und allgemein gefasste Begründung vorangestellt ist, lässt sich m.E. auf Anteilserwerbe unmittelbar an einer selbst grundbesitzhaltenden Per...