Rz. 452
Bis zum 31.8.2009 wurden vertragliche Unterhaltsansprüche über §§ 23 Abs. 1 RVG, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 9 ZPO mit dem 3,5fachen Jahresbetrag der geforderten Leistung bewertet, da § 42 GKG a.F. nur für gesetzliche Unterhaltsansprüche galt. Nach Inkrafttreten des FGG-RG zum 1.9.2009 sollten auch die vertraglichen Unterhaltsansprüche (§ 112 Nr. 3 i.V.m. § 266 Abs. 1 FamFG) nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 51 FamGKG bewertet werden.
Rz. 453
Damit sollte eine Unterscheidung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Unterhaltsansprüchen entfallen. Denn gesetzliche Unterhaltsansprüche wurden gebührenrechtlich nicht zu vertraglichen, nur weil die Beteiligten einen Vertrag geschlossen hatten. Vertragliche Unterhaltsansprüche waren dann anzunehmen, wenn z.B. ein über dem gesetzlichen Unterhalt liegender Betrag gezahlt wurde, der Gegenstand einer Vereinbarung war. In solchen Fällen konnte dann auch eine differenzierte Wertberechnung erfolgen (Jahresbetrag für den gesetzlichen Unterhaltsbetrag; 3,5-facher Jahresbetrag für den darüber hinausgehenden Betrag).
Rz. 454
Nach dem Wortlaut des § 51 FamGKG zwischen dem 1.9.2009 und 31.7.2013 galt auch diese Vorschrift jedoch wiederum nur für gesetzliche Unterhaltsansprüche, nachdem § 51 lediglich auf "Unterhaltssachen" (vgl. Legaldefinition in § 231 Abs. 1 FamFG) abstellte. Vertragliche Unterhaltsansprüche sind jedoch keine Unterhaltssachen i.S.d. § 231 Abs. 1 FamFG, sondern gemäß §§ 266 Abs. 1 i.V.m. 112 Nr. 3 FamFG sonstige Familienstreitsache und damit nicht von § 51 FamGKG mit umfasst. Es war daher zunächst umstritten, ob vertragliche Unterhaltsansprüche nun über § 51 FamGKG (entsprechend dem eigentlichen Willen des Gesetzgebers) oder weiter mit dem 3,5fachen Jahreswert zu bewerten sind.
Rz. 455
Diese Unklarheit hat der Gesetzgeber im Rahmen des 2. KostRMoG zum 1.8.2013 beseitigt und durch Ergänzung des § 51 FamGKG klargestellt, dass diese Vorschrift sowohl in Unterhaltssachen als auch in sonstigen den Unterhalt betreffenden Familiensachen anwendbar ist, soweit diese jeweils Familienstreitsachen sind und wiederkehrende Leistungen betreffen.
Diese Ergänzung in § 51 FamGKG begründet der Gesetzgeber wie folgt:
Zitat
"Im Regierungsentwurfs zum FGG-Reformgesetz hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Regelung des § 51 auch Familienstreitsachen über vertragliche Unterhaltsansprüche erfassen soll, sofern sie wiederkehrende Leistungen betreffen (vgl. Bundestags-Drs. 16/6308, S. 307). Vertragliche Unterhaltsansprüche können jedoch auch sonstige Familiensachen nach § 266 Absatz 1 FamFG sein. Die vorgeschlagene Ergänzung von § 51 Absatz 1 Satz 1 dient der ausdrücklichen Klarstellung, dass auch in diesen Fällen die Vorschrift anwendbar ist, sofern es um wiederkehrende Leistungen geht."
Die weiteren Änderungen des Absatzes 1 dienen der redaktionellen Vereinheitlichung des Sprachgebrauchs. Auf die Begründung zu Nummer 5 und zu Nummer 8 wird verwiesen.“
Rz. 456
Folgt man dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 FamGKG dürfte nach Ansicht der Verfasserin die Vorschrift nicht auf Unterhaltsansprüche anwendbar sein, die aus einem Vertrag zwischen zwei Personen resultieren, die bislang in "wilder Ehe" (d.h. ohne Verlobung) gelebt haben. Denn aus § 266 Abs. 1 Nr. 1–3 FamFG ergibt sich, dass sonstige Familiensachen lediglich Verfahren sind,
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die Ansprüche zwischen miteinander verlobten oder ehemals verlobten Personen im Zusammenhang mit der Beendigung des Verlöbnisses sowie in den Fällen der §§ 1298 und 1233 BGB zwischen einer solchen und einer dritten Person, |
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aus der Ehe herrührende Ansprüche oder |
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Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe |
betreffen, so dass vertragliche Unterhaltsansprüche aus "wilder Ehe" hiervon nicht umfasst sein dürften. Bei Streit über solche vertraglich (notariell) abgesicherten Ansprüche wäre die Bewertung m.E. dann über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach § 9 ZPO (3,5facher Jahresbetrag) vorzunehmen.