Rz. 674
Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht (wie z.B. in VKH-Prüfungsverfahren, da hier keine Gerichtskosten berechnet werden) nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, § 33 Abs. 1 RVG.
Rz. 675
Ein solcher Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts für die Anwaltsgebühren kann auch dann gestellt werden, wenn ein Anwalt im laufenden Verfahren ausscheidet. Ein Abwarten bis zur endgültigen Festsetzung des Wertes für die Gerichtskosten nach § 55 Abs. 2 FamGKG ist weder zumutbar noch sinnvoll, da mit dem Ausscheiden des Anwalts (z.B. aufgrund Kündigung des Mandats seitens des Anwalts oder Mandanten) die Fälligkeit der Anwaltsvergütung gem. § 8 RVG eintritt und damit auch mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist, die Verjährungsfrist zu laufen beginnt. In solchen Fällen wird von der überwiegenden Rechtsprechung daher auch ein Antrag auf endgültige Wertfestsetzung für die Anwaltsvergütung (und nur für den Antrag stellenden Anwalt) gem. § 33 RVG für zulässig erachtet.
Rz. 676
Eine vorläufige Wertfestsetzung gem. § 55 Abs. 1 FamGKG lässt ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 33 RVG nicht entfallen.
Rz. 677
Praxistipp
Da im Familienrecht ein Anwaltswechsel häufiger erfolgt, als in anderen Rechtsgebieten, ist es für Anwälte wichtig, die Vorschrift des § 33 RVG zu kennen und richtig anzuwenden. Nicht selten geht eine Mandatskündigung des Mandanten mit einer Weigerung, die Vergütungsrechnung des Anwalts auszugleichen einher. Vor allem vor Einreichung einer Vergütungsklage kann daher die Wertfestsetzung gem. § 33 RVG für die notwendige Rechtssicherheit sorgen, wenn diese rechtskräftig geworden ist.
Rz. 678
Sofern ein Anwalt einen Antrag nach § 33 RVG nicht stellt und die endgültige Wertfestsetzung gem. § 55 Abs. 2 FamGKG abwartet, steht ihm ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 33 RVG nur noch zu, wenn seine Vergütung sich (teilweise) nach einem anderen Wert richtet, als die Gerichtskosten, siehe auch nachstehende Rdn 679. Ansonsten entfaltet die endgültige Wertfestsetzung gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für ihn Bindungswirkung; eine Verfahrenswertbeschwerde kann er dann ggf. gem. § 32 Abs. 2 RVG im eigenen Namen einlegen. Dies gilt selbst dann, wenn die übrigen Verfahrensbeteiligten auf Rechtsmittel gegen den Verfahrenswertbeschluss verzichtet haben, da ein solcher Verzicht für den ausgeschiedenen Anwalt keine Bindungswirkung entfaltet.
Rz. 679
Ist eine Gebühr nur aus einem geringeren Wert entstanden, was insbesondere bei Stufenanträgen öfter der Fall sein kann, z.B., weil die Terminsgebühr nur aus dem Wert des Auskunftsantrags entstanden ist, kann ebenfalls eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG erfolgen.
Rz. 680
Wertänderungen, die sich nach dem Ausscheiden des Anwalts noch ergeben, sind für den Gegenstandswert des ausscheidenden Anwalts nicht maßgeblich.
Rz. 681
Nach § 33 Abs. 2 RVG kann der Antrag gestellt werden:
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vom verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt, |
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von einem Unterbevollmächtigten, |
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von einem Verkehrsanwalt, |
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vom Auftraggeber, |
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von einem erstattungspflichtigen Dritten, insbesondere dem unterlegenen Prozessgegner, |
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der Staatskasse in den Fällen des § 45 RVG, soweit einem der Beteiligten PKH bewilligt worden ist. |
Rz. 682
Für den Antrag auf Wertfestsetzung ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, § 33 Abs. 1 RVG. Erforderlich für die Wertfestsetzung nach § 33 RVG ist ein Antrag (keine Wertfestsetzung nach § 33 RVG von Amts wegen). Voraussetzung für die Wertfestsetzung nach § 33 RVG ist zudem die Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung (vgl. dazu § 8 RVG). Vor Fälligkeit der Vergütung darf ein Antrag nicht gestellt werden. Über den Antrag entscheidet das Gericht der Hauptsache durch Beschluss. Eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG gilt nur für den antragstellenden Rechtsanwalt und der Partei des Festsetzungsverfahrens.
Rz. 683
Die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG ist fristgebunden; sie ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen, § 33 Abs. 3 S. 3 RVG. Die Beschwerde ist auch hier nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt, da es sich um eine Kostenentscheidung handelt.
Rz. 684
Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 S. 2 RVG aber auch dann zulässig, wenn sie durch das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen wurde. Bei der Berechnung des Wertes kommt es für den Anwalt darauf an, welche Mehrvergütung sich ergibt, wenn das Gericht der Beschwerde abhilft und den höheren Wert festsetzt. Es ist die Differenz zwischen den Gebühren aus dem bisher festgesetzten Gegenstandswert und der Gebühren nach dem begehrten Gegenstandswert zu berechnen. Nur wenn die Geb...