Rz. 272
Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, werden innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend, § 40 FamGKG.
Rz. 273
Der Wert des Rechtsmittelverfahrens ist auf den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt; außer in den Fällen, wenn der Gegenstand erweitert wird, § 40 Abs. 2 FamGKG.
Rz. 274
Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert, § 40 Abs. 3 FamGKG.
Rz. 275
Praxistipp
Hat der Mandant den Auftrag erteilt, das Rechtsmittel zu beschränken, sollte an eine rechtzeitige Antragstellung gedacht werden. Im Hinblick auf das Kostenrisiko einer Rücknahme eines Rechtsmittels vor Antragstellung, ist generell vor Einreichung des Rücknahmeschriftsatzes zu prüfen, ob auftragsgemäß eine Beschränkung des Rechtsmittels erfolgte.
Rz. 276
Aber Achtung
Wird allein zur Reduzierung der Kostenlast ohne sachlich rechtfertigenden Grund ein reduzierender Antrag gestellt, kann dieser wegen der Rechtsmissbräuchlichkeit unbeachtlich sein.
Rz. 277
Bei der Berechnung des Verfahrenswerts für Beschwerden in Unterhaltssachen ist nach Ansicht des OLG Köln der Stichtag für die Abgrenzung zwischen rückständigem und laufendem Unterhalt nicht der Eingang des Klagantrags, sondern der Eingang der Beschwerde, wobei der Wert grundsätzlich nach § 40 Abs. 2 FamGKG auf den Wert des erstinstanzlichen Verfahrens begrenzt ist.
Rz. 278
Zum Verfahrenswert im Beschwerdeverfahren betreffend Auskunftserteilung im Güterrechtsverfahren:
Zitat
"1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes im Rechtsmittelverfahren über die Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einem Güterrechtsverfahren (§ 1379 I BGB) richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des – in erster Instanz unterlegenen – Anspruchstellers an der Erteilung der Auskunft."
2. Weil die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll, beträgt der Wert des Auskunftsanspruchs in der Regel einen Bruchteil, nämlich 1/10 bis 1/4 des Leistungsanspruchs. Zur Ermittlung dessen Wertes ist anhand des Tatsachenvortrags des Anspruchstellers danach zu fragen, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat (im Anschluss an Senat, FamRZ 1993, 1189; NJW 1982, 1651 = FamRZ 1982, 787 [788]).
3. Die Frage, ob dem Anspruchsteller der geltend gemachte Auskunftsanspruch, dessen er sich berühmt, auch zusteht, hat keinen Einfluss auf die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebliche Beschwer. Sie ist vielmehr im Rahmen der Begründetheit zu beantworten. (Leitsätze des Gerichts)“
Rz. 279
Für ein güterrechtliches Auskunftsverfahren in der Beschwerdeinstanz hat der BGH 2015 im Anschluss an obige Entscheidung beschlossen:
Zitat
"1. Legt der in erster Instanz unterlegene Anspruchsteller in einem Verfahren, das die Verpflichtung zur Auskunftserteilung in einem Güterrechtsverfahren betrifft, Rechtsmittel ein, so richtet sich der Wert des Beschwerdegegenstands nach seinem wirtschaftlichen Interesse an der Erteilung der Auskunft (im Anschluss an Senat, NJW-RR 2012, 130 = FamRZ 2011, 1929)."
2. Zur Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands bei in erster Instanz abgewiesenem Auskunftsantrag in einem Güterrechtsverfahren.“
Der BGH hat dabei für den Auskunftsanspruch auf 10 bis 25 % des Leistungswerts abgestellt, wobei der Prozentsatz umso höher ist, je geringer die Kenntnisse des Antragstellers sind.
Rz. 280
Ein im Übrigen erst mit der Beschwerdebegründung geltend gemachter Feststellungsantrag kann – unabhängig von seiner Zulässigkeit – den Wert des Beschwerdegegenstands im Beschwerdeverfahren nicht erhöhen; der Wert bestimmt sich vielmehr danach, inwieweit der Rechtsmittelführer die Beseitigung der mit der erstinstanzlichen Entscheidung für ihn verbundenen Rechtsverkürzung erstrebt und erhöht sich nicht um den Wert eines erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrags.
Rz. 281
Zur Beschwer bei Verpflichtung des Schuldners zur Vorlage von Einkommensteuererklärungen führt der BGH aus:
Zitat
"1. Wird der Unterhaltsschuldner erstinstanzlich zur Vorlage von Einkommensteuererklärungen verpflichtet, deren Nichtexistenz er behauptet, so ist zur Bemessung seiner Beschwer durch Auslegung zu ermitteln, ob das Amtsgericht ihn zu deren Erstellung verpflichten wollte oder ob es – gegebenenfalls irrig – von deren Existenz ausgegangen ist. Nur im ersten Fall erhöht der für die Erstellung erforderliche Aufwand an Zeit und Kosten den Beschwerdewert (im Anschluss an Senat, NJW-RR 1992, 322 = FamRZ 1992, 425 und Urt. v. 18.10.1989 – IVb ZR 86/88, BeckRS 1989, 31074061)."
2. Hat die Auskunftsverpflichtung, gegen die sich der Unterhaltsschuldner zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt oder ist sie auf ei...