Rz. 427
Bei der gleichzeitigen außergerichtlichen Geltendmachung von Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt ist zu beachten, dass hier eine Gegenstandsverschiedenheit (beide Ansprüche basieren auf verschiedenen Anspruchsgrundlagen (vgl. §§ 1361, 1569 ff. BGB) vorliegt. Es folgt eine Addition der verschiedenen Gegenstände, §§ 22 Abs. 1 RVG (für die Anwaltsgebühren) und § 33 Abs. 1 S. 2 FamGKG (für die Gerichtsgebühren).
Rz. 428
Die Gegenstandsverschiedenheit lässt sich auch daran erkennen, dass der nacheheliche Unterhalt im Gegensatz zum Trennungsunterhalt Folgesache im Scheidungsverbund sein kann, weil lediglich der nacheheliche Unterhalt für den Fall der Scheidung geltend gemacht werden kann. Der Trennungsunterhalt betrifft – wie der Name schon sagt – lediglich die Zeit während des Getrenntlebens und kann aus diesem Grund heraus nicht Scheidungsfolgesache sein.
Rz. 429
Es stellt sich regelmäßig die Frage, ob beim Trennungsunterhalt auf den Jahresbetrag der geforderten Leistung abzustellen ist, oder aber auf einen geringeren Zeitraum, da beispielsweise bereits 3 Monate später Scheidungsantrag eingereicht wird, mit dem nachehelicher Unterhalt gefordert wird. Die herrschende Meinung stellt dabei auf die Prognose bei Einreichung des Antrags ab, d.h. darauf, ob die Ehe voraussichtlich vor Ablauf eines Jahres rechtskräftig geschieden sein wird oder nicht. Kindermann weist zu Recht darauf hin, dass eine solche Prognose in den seltensten Fällen klar vorhergesagt werden kann, da gerade in Scheidungsangelegenheiten die menschliche Komponente, die aus verschiedensten Gründen zu einer Verfahrensverzögerung führen kann, selten kalkulierbar ist und spricht sich daher dafür aus, generell vom Jahresbetrag auszugehen. Sofern es während des laufenden Verfahrens zur rechtskräftigen Scheidung komme und zwischen Antragseinreichung und Termin weniger als ein Jahr liege, biete sich aus gebührenrechtlicher Sicht an, den Antrag in der mündlichen Verhandlung auf den Zeitraum zu begrenzen. Kindermann widerspricht der Auffassung einiger Gerichte, der Verfahrenswert sei, um das Prognoseproblem umgehen zu können, entsprechend zu berichtigen, wenn es zur rechtskräftigen Scheidung komme und hält den Jahreswert für gerechtfertigt, wenn der Antrag auf Zahlung von Trennungsunterhalt für eine unbestimmte Dauer erhoben wird.
Rz. 430
Praxistipp
Bevor man es auf einen aufwändigen Streit mit dem Gericht ankommen lässt, sollte geprüft werden, ob durch eine Berichtigung des Verfahrenswerts überhaupt ein Gebührensprung erfolgt, wenn nur über ein oder zwei Monate Differenz Streit herrscht.
Rz. 431
Die Auffassung, dass bei einem Vergleich für die Einigungsgebühr ein geringerer Wert anzunehmen sein kann, wenn sich der Vergleich auf einen Zeitraum von weniger als einem Jahr erstreckt, die Verfahrens- und Terminsgebühr aber aus dem Jahresbetrag zu berechnen sind, ist m.E. praxisnah, denn zum Zeitpunkt des Unterhaltsantrags kann eben oft noch nicht gesagt werden, wie lange der Trennungsunterhalt zu zahlen sein wird; steht dann zum Vergleichszeitpunkt fest, dass es weniger als 1 Jahr ist, scheint die Differenzierung gerechtfertigt.
Wird nach Anhängigkeit des Trennungsunterhaltsanspruchs nur noch über die Befristung oder die Dauer gestritten, erfolgt eine Reduzierung auf den Jahreswert nicht.
Rz. 432
Praxistipp
In der Praxis wird gerne übersehen, dass sich die VKH für die Ehesache auch auf den Abschluss eines Vergleichs im Sinne des § 48 Abs. 3 RVG erstreckt. In § 48 Abs. 3 RVG sind Unterhaltsansprüche aufgelistet. Während der Trennungsunterhalt also regelmäßig nicht Bestandteil des Verbundverfahrens ist, kann er gleichwohl Bestandteil einer Scheidungsfolgenvereinbarung sein.
Wird daher eine Scheidungsfolgenvereinbarung hinsichtlich Unterhalts für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geregelt, so sind zwei Gegenstände anzunehmen. Bei der Wertfestsetzung ist darauf zu achten, dass das Gericht dies nicht versehentlich unterlässt.
Rz. 433
Sofern bei Vergleichsschluss die Ehe bereits geschieden war oder aber die Scheidung nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten unmittelbar bevorstand, bemisst sich nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. der Vergleichswert für ein Trennungsunterhaltsverfahren nur (noch) nach dem Umfang des Verfahrensgegenstandes, der bei Vergleichsschluss noch im Streit stand. Hier ist m.E. aber zu unterscheiden zwischen außergerichtlicher Tätigkeit und Tätigkeit nach unbedingtem Verfahrensauftrag (z.B. dem Auftrag, einen Gegenstand, für den auftragsgemäß eine außergerichtliche Tätigkeit erfolgt ist), somit Tätigkeit nach Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG bzw. Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG, siehe hierzu auch § 5 Rdn 137 in diesem Werk.