Rz. 158
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Bewertung einzelner Regelungsgegenstände in einer Scheidungsfolgenvereinbarung, die z.B. im Laufe der Trennungszeit oder im Hinblick auf eine anstehende Scheidung geschlossen wird auf die Ausführungen zu den jeweiligen Themen in diesem Kapitel verwiesen.
Rz. 159
Sofern als Folge der Gütertrennung auch Regelungen über einen Zugewinnausgleich sowie die Zahlungsmodalitäten des Zugewinnausgleichs getroffen werden, liegt derselbe Gegenstand vor, eine Wertaddition findet nicht statt; es wird einheitlich nach § 100 Abs. 1 GNotKG bewertet.
Rz. 160
Praxistipp
Sofern im Rahmen eines Ehevertrags keine steuerrechtliche Beratung erfolgen kann bzw. soll, sind Anwälte nach der Rechtsprechung des BGH verpflichtet, ihren Auftraggeber hierauf und auf die ggf. notwendige Einschaltung eines Steuerberaters hinzuweisen. In dem vom BGH entschiedenen Fall war der Anwalt schadenersatzpflichtig, weil er den Mandanten nicht auf eine sich aufdrängende Steuerschädlichkeit bei der Übertragung einer Immobilie hingewiesen hatte.
Rz. 161
Zitat
"Berät ein Rechtsanwalt eine Mandantin im Zusammenhang mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung, hat er sie auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Steuerberaters hinzuweisen, sofern sich bei sachgerechter Bearbeitung wegen der Übertragung von Grundeigentum eine steuerliche Belastung nach § 22 Nr. 2, § 23 EStG aufdrängen kann und er zu einer steuerrechtlichen Beratung nicht bereit oder imstande ist."
Der durch eine fehlerhafte steuerliche Beratung verursachte Schaden umfasst die Kosten eines von dem Mandanten eingeholten Wertgutachtens, mit dessen Hilfe ein geringerer Verkehrswert eines für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Grundstücks nachgewiesen und die Steuerlast verringert werden kann.
Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt nicht, wenn der vernünftigerweise einzuschlagende Weg die Mitwirkung eines Dritten voraussetzt.“
Rz. 162
In dem der BGH-Entscheidung zugrundeliegenden Fall übertrug eine Mandantin im Rahmen einer not. beurkundeten Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung ein Mietshaus (innerhalb der Spekulationsfrist). In der Folge erreichte sie ein Steuerbescheid i.H.v. rund 40.000,00 EUR; hiergegen wurde Einspruch eingelegt und ein Wertgutachten eingeholt, welches nochmals rund 2.500,00 EUR kostete. Durch dieses Wertgutachten konnte jedoch die Steuerlast auf rund 19.000,00 EUR reduziert werden. Diese Steuerlast wäre vermeidbar gewesen, hätte die Mandantin ein anderes Mietobjekt (außerhalb der Spekulationsfrist gelegen) übertragen. Anzulasten war hier dem sachbearbeitenden RA die Versäumung, seine Klägerin "im Rahmen des auf die zivilrechtliche Beratung beschränkten Mandats auf mögliche mit der Übertragung des Grundstücks verbundene steuerliche Unwägbarkeiten hinzuweisen". Der BGH hält in seinen Entscheidungsgründen fest:
Zitat
"Umfang und Inhalt der vertraglichen Pflichten eines Rechtsanwalts richten sich nach dem jeweiligen Mandat und den Umständen des einzelnen Falls. In den Grenzen des ihm erteilten Auftrags ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. Er hat dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele führen, und den Eintritt von Nachteilen oder Schäden zu verhindern, die voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er ihn auch über mögliche Risiken aufzuklären (BGH, Urt. v. 21.6.2018 – IX ZR 80/17, WM 2018, 1988 Rn 8)."
Rz. 163
Weiter hielt der BGH fest, dass der Anwalt vorliegend lediglich mit einem zivilrechtlichen Mandat beauftragt gewesen war und hier keine erkennbaren Fehler in diesem Bereich gemacht wurden. Zudem war der Anwalt kein Fachanwalt für Steuerrecht. Er hätte jedoch auf die Notwendigkeit der Beteiligung eines Steuerberaters hinweisen müssen, denn Hinweise und Warnungen auch außerhalb des eigentlichen Vertragsgegenstands sind dann erforderlich, wenn ein Rechtsanwalt drohende Gefahren bekannt sind oder für ihn offenkundig sind oder sich ich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandats aufdrängen und ein Rechtsanwalt Grund zur Annahme hat, dass der Mandant sich der Gefahren nicht bewusst ist. Da es sich um einen Allgemeinanwalt handelte, konnten Kenntnisse im Steuerrecht vom Mandanten auch nicht erwartet werden; steuerlich bedeutsame Fragestellungen muss aber auch der Allgemeinanwalt erkennen können und ggf. auf einen Steuerberater hinweisen. Denn nach Ansicht des BGH ist schon lange aus der familienrechtlichen Literatur und Rechtsprechung bekannt, dass eine Leistung von Grundbesitz an Erfüllungs statt für Zugewinnausgleichsansprüche eine entgeltliche Veräußerung im Sinne des § 22 Nr. 2, 23 EStG und damit ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft bilden kann. Im Ergebnis sah der BGH den hier betroffenen Anwalt in der Pflicht, den dem Mandanten entstandenen Steuerschaden nach der Differenzh...