1. Übertragung von Vermögensgegenständen/Stundung des Ausgleichsanspruchs
Rz. 612
Wird in einer Güterrechtssache, die Familienstreitsache ist, auch über einen Antrag nach § 1382 Abs. 5 BGB (Übertragung von Vermögensgegenständen) oder nach § 1383 Abs. 3 BGB (Stundung des Zugewinnausgleichsanspruchs) entschieden, handelt es sich um ein Verfahren, § 52 S. 1 FamGKG. Die Werte werden zusammengerechnet, § 52 S. 2 FamGKG.
Rz. 613
Der Verfahrenswert ist gemäß § 42 Abs. 1 FamGKG zu schätzen, wobei sich dieser jeweils am Interesse des Antragstellers an einer Stundung der Zugewinnausgleichsforderung, der Übertragung von Vermögensgegenständen oder an einer Sicherheitsleistung (§§ 1382 Abs. 3, 1389 BGB) orientiert.
2. Forderung eines Geldbetrags
Rz. 614
§ 52 FamGKG ist als Ergänzung zu § 35 FamGKG zu sehen. Wird ein bestimmter Ausgleichsanspruch gefordert, gilt über § 35 FamGKG der geforderte Geldbetrag nach dessen Höhe. Sofern mit dem Ausgleichsanspruch in einem Antrag auch eine Stundung des Zugewinnausgleichsanspruchs oder die Übertragung von Vermögensgegenständen Gegenstand des Antrags sind, handelt es sich um ein Verfahren mit der Folge, dass die Gebühren nur einmal gefordert werden können. Es erfolgt allerdings nach § 52 S. 2 FamGKG eine Addition der Werte. Zu § 35 FamGKG siehe auch Rdn 192 ff. in diesem Kapitel.
3. Hoher Zugewinnausgleich
Rz. 615
Es kommt vor, dass das zu prüfende Anfangs- und Endvermögen nicht sehr hoch ist, aber aufgrund der gegebenen Unterschiede ein vergleichsweiser hoher Zugewinnausgleichsanspruch ermittelt wird.
Beispiel
Zugewinn Ehemann 40.000,00 EUR, Zugewinn Ehefrau 5.000,00 EUR, = Differenz 35.000,00 EUR, Anspruch auf Ausgleichszahlung der Ehefrau gegen den Ehemann 17.500,00 EUR. Gegenstandswert: 17.500,00 EUR.
4. Niedriger Zugewinnausgleich trotz hoher Vermögenswerte
Rz. 616
Umgekehrt kann es sein, dass die zu prüfenden Werte erheblich sind, die Differenz und damit schließlich der Ausgleichsanspruch verhältnismäßig gering sind.
Beispiel
Zugewinn Ehemann 400.000,00 EUR, Zugewinn Ehefrau 390.000,00 EUR, = Differenz 10.000,00 EUR, Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen den Ehemann 5.000,00 EUR. Gegenstandswert: 5.000,00 EUR.
Der Rechtsanwalt, der in diesem Beispielfall tätig geworden ist, hat durch Prüfung der dem Zugewinnausgleich zugrunde liegenden Daten und Unterlagen einen mit Sicherheit höheren Arbeitsaufwand als im ersten Beispiel.
Rz. 617
Praxistipp
Zeichnet sich ab, dass der Zugewinnausgleichsanspruch selbst gering ist, obwohl die Prüfung aufgrund hoher Vermögenswerte auf beiden Seiten enormen Bearbeitungsaufwand erfordert, sollte der Rechtsanwalt eine Vergütungsvereinbarung schließen. Diese kann auch eine willkürliche Wertfestsetzung enthalten. Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine Wertfestsetzung durch das Gericht nur den Zeitraum des gerichtlichen Verfahrens betrifft. Der Wert des Zugewinnausgleichsanspruchs kann jedoch außergerichtlich höher gewesen sein.
5. Antrag und Widerantrag bei Zugewinn
Rz. 618
Im Gerichtskostengesetz für Familiensachen, das nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG auch für die Anwaltsgebühren anzuwenden ist, findet sich in § 39 FamGKG eine eigene Wertvorschrift für Antrag und Widerantrag. Dabei hat sich der Gesetzgeber erst mit dem 2. KostRMoG dazu durchgerungen, aus der bisher in § 39 FamGKG angesprochenen Widerklage sprachlich einen Widerantrag zu formulieren, um den eigenen Vorgaben aus § 113 Abs. 5 FamFG gerecht zu werden. Man kann gerade an diesem Beispiel erkennen, dass die Vorgaben aus § 113 Abs. 5 FamFG durchaus als "missglückt" bezeichnet werden können. Denn tonal unterscheidet sich der "Widerantrag" vom "wieder Antrag" nicht. Dabei ist es sicher ein Unterschied, ob ein Antragsgegner einen Widerantrag oder wieder einen Antrag stellt. Die Intention des Gesetzgebers, durch freundlichere Formulierungen das streitanfällige Familienrecht "weichzuspülen", wird in der Praxis vielfach als missglückt empfunden. "Streithähne" hält es nicht vom Streit ab, weil sie jetzt nicht mehr Parteien sondern Beteiligte heißen. Aber es ist müßig, sich über § 113 Abs. 5 FamFG zu wundern; die Praxis wird damit zurechtkommen, auch wenn mancher langgediente Richter wohl auch seine Probleme mit diesem Sprachgebrauch hat. So wird denn auch aus dem Beteiligten gerne mal die "antragstellerseits beteiligte Partei", damit es nicht zu einer Verwechslung mit dem beteiligten Jugendamt kommt.
In § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist inhaltlich geregelt, dass die Werte von Antrag und Widerantrag zu addieren sind, wenn sie nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden.
Rz. 619
§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG bestimmt jedoch weitergehend, dass, wenn die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen, nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend ist. Eine Addition kommt daher nur in Frage, wenn die Ansprüche nicht denselben Gegenstand betreffen.
Rz. 620
Es stellt sich die Frage, ob wechselseitig mit Antrag und Widerantrag von Ehegatten geltend gemachte Zugewinnausgleichsansprüche im Gegenstand identisch sind oder nicht.
Zunächst ist festzustellen, dass im Verfahren auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs nicht Antrag und Widerantrag zugleich stattgegeben werden kann. Die Zuerkennung auf der einen...