Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
Rz. 1310
Der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, kann unter den Voraussetzungen des § 1447 Nr. 1 – Nr. 4 BGB die Aufhebung der Gütergemeinschaft beantragen.
(a) Unfähigkeit des Gesamtgutsverwalters oder Missbrauch
Rz. 1311
Gemäß § 1447 Nr. 1 BGB kann der nicht verwaltende Ehegatte die Aufhebung der Gütergemeinschaft beantragen, wenn seine Rechte für die Zukunft dadurch erheblich gefährdet werden können, dass der andere Ehegatte zur Verwaltung des Gesamtguts unfähig ist oder sein Recht, das Gesamtgut zu verwalten, missbraucht.
Rz. 1312
Eine Unfähigkeit des Gesamtgutsverwalters zur Verwaltung des Gesamtguts ist anzunehmen, wenn er wegen körperlicher, geistiger oder altersbedingter Gründe oder aufgrund Abwesenheit oder Geschäftsuntüchtigkeit die Verwaltung nicht ordnungsgemäß ausübt im Sinne des § 1435 BGB. Unerheblich ist, ob der Gesamtgutsverwalter schuldhaft handelt.
Rz. 1313
Ein Missbrauch des Rechts, das Gesamtgut zu verwalten, liegt vor, wenn der Gesamtgutsverwalter in den Fällen der §§ 1423–1425 BGB ohne Zustimmung des nicht verwaltenden Ehegatten handelt oder gegen die Grundsätze des § 1435 BGB verstößt. Ein Missbrauch ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn der Gesamtgutsverwalter das eingebrachte Gut benutzt, um in einem ehebrecherischen Verhältnis zusammenleben zu können.
Rz. 1314
Sowohl bei Unfähigkeit des Gesamtgutsverwalters als auch bei Missbrauch muss die Möglichkeit einer erheblichen Gefährdung der Rechte des nicht verwaltenden Ehegatten für die Zukunft gegeben sein. Eine abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung ist insoweit ausreichend. Es genügt, wenn nach Würdigung aller Umstände eine Gefährdung nicht unwahrscheinlich erscheint. Bei der Gesamtwürdigung sind nicht nur missbräuchliche Verwaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen, sondern maßgebend ist das gesamte Verhalten des Verwalters. Beispielsweise kann aus dem Vorliegen mehrfacher gleichartiger Handlungen auf eine Wiederholungsgefahr geschlossen werden.
(b) Verletzung der Pflicht zum Familienunterhalt beizutragen
Rz. 1315
Zudem kann der nicht verwaltende Ehegatte gemäß § 1447 Nr. 2 BGB dann die Aufhebung der Gütergemeinschaft beantragen, wenn der andere Ehegatte seine Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist. Hiervon betroffen sind nur Unterhaltsansprüche der Ehegatten selbst oder gemeinsamer Kinder. Das Unterhaltsmaß ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften. Unerheblich ist, ob ein Verschulden des Gesamtgutsverwalters vorliegt. Eine erhebliche Gefährdung liegt vor, wenn eine zukünftige Unterhaltspflichtverletzung in nicht geringem Maße nicht ausgeschlossen werden kann.
(c) Überschuldung des Gesamtguts durch den Gesamtgutsverwalter
Rz. 1316
Ein Aufhebungsantrag kann gemäß § 1447 Nr. 3 BGB auch dann durch den nicht verwaltenden Ehegatten gestellt werden, wenn das Gesamtgut durch Verbindlichkeiten, die in der Person des anderen Ehegatten entstanden sind, in solchem Maße überschuldet ist, dass ein späterer Erwerb des Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet, erheblich gefährdet wird. Die Schutzwürdigkeit des nicht verwaltenden Ehegatten ergibt sich daraus, dass von ihm Erworbenes gemäß § 1416 Abs. 1 BGB in das Gesamtgut fällt.
Rz. 1317
Die Vorschrift greift nur, wenn die Überschuldung in der Person des Gesamtgutsverwalters bereits eingetreten ist. Auf ein Verschulden des Gesamtgutsverwalters kommt es nicht an. Überdies muss eine erhebliche Gefährdung des späteren Erwerbs des Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet, vorliegen. Dies kann in der Regel bereits aus dem Vorliegen der Überschuldung des Gesamtguts gefolgert werden.
(d) Verwaltung des Gesamtguts durch den Betreuer des Gesamtgutsverwalters
Rz. 1318
Wenn die Verwaltung des Gesamtguts in den Aufgabenkreis des Betreuers des anderen Ehegatten fällt, steht dem nicht verwaltenden Ehegatten gemäß § 1447 Nr. 4 BGB ebenso das Recht zu, Aufhebungsantrag zu stellen.