Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
a) Voraussetzung
Rz. 569
Ein Anspruch auf Zugewinnausgleich setzt voraus, dass für die Beteiligten der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt. Es handelt sich dabei um den gesetzlichen Güterstand. Nach § 1363 Abs. 1 BGB leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben. Dieser Güterstand stellt das gesetzliche Leitbild dar. Er unterliegt aber der Parteidisposition.
b) Anspruchsgrundlage
Rz. 570
Die Anspruchsgrundlage für den Zugewinnausgleich im Todesfall bei der erbrechtlichen Lösung bildet § 1371 Abs. 1 BGB.
Die Anspruchsgrundlage für den Zugewinnausgleich im Todesfall bei der güterrechtlichen Lösung bilden § 1371 Abs. 2 und 3 BGB i.V.m. § 1378 Abs. 1 BGB. Die Anspruchsgrundlage für den Zugewinnausgleich in den anderen Fällen bilden § 1372 BGB i.V.m. § 1378 Abs. 1 BGB.
Güterrechtlich stellt dabei immer § 1378 Abs. 1 die zentrale Norm dar:
Zitat
(1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.
Diese Anspruchsgrundlage gibt dem Anspruchsgläubiger den schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung des Geldbetrags und verpflichtet den Anspruchsschuldner zur Zahlung dieses Geldbetrages zum Ausgleich des Zugewinns. Es handelt sich also um einen reinen schuldrechtlichen Zahlungsausgleich zwischen den Beteiligten.
c) Beendigung des Güterstandes
Rz. 571
Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstands unmittelbar kraft Gesetzes, § 1378 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 BGB.
Rz. 572
Dabei gibt es fünf Möglichkeiten, wie der Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet wird:
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durch den Tod eines Ehegatten, § 1371 BGB, |
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durch notariellen Ehevertrag, § 1408 Abs. 1 BGB, |
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durch Rechtskraft eines die Ehe beendenden Beschlusses, § 1564 S. 2 BGB, |
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durch rechtskräftige Aufhebung der Ehe, § 1313 S. 2 BGB, |
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durch rechtskräftige Entscheidung über die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft, §§ 1385, 1386 BGB. |
Aus den genannten Bestimmungen in Verbindung mit § 1378 Abs. 1 BGB ergibt sich die jeweilige konkrete Anspruchsgrundlage auf Zugewinnausgleich.
aa) Beendigung des Güterstandes durch Tod
Rz. 573
Im Falle der Beendigung des Güterstandes durch den Tod eines Beteiligten ergeben sich für den länger lebenden Ehegatten seine Ansprüche aus § 1371 BGB. Dieser kann wählen:
▪ |
Als Erbe oder Vermächtnisnehmer des verstorbenen Ehegatten kann er den pauschalierten Zugewinnausgleich verlangen: Der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten wird um ein Viertel der Erbschaft erhöht, § 1371 Abs. 1 BGB (erbrechtliche Lösung). |
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Als überlebender Ehegatte, der nicht Erbe wird und dem auch kein Vermächtnis zusteht, kann er den Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 BGB verlangen; § 1371 Abs. 2 Hs. 1 BGB (güterrechtliche Lösung). |
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Als Erbe kann er die Erbschaft ausschlagen und den Zugewinn nach den Bestimmungen der §§ 1373 bis 1390 BGB fordern. Daneben kann er den Pflichtteil verlangen, § 1371 Abs. 3 BGB (Unterfall der güterrechtlichen Lösung). |
bb) Beendigung des Güterstandes durch notariellen Ehevertrag
Rz. 574
Im Falle der Beendigung des Güterstandes durch notarielle Vereinbarung (Ehevertrag) endet der gesetzliche Güterstand nach dem Inhalt (Zeitpunkt, Rechtsfolgen) der beurkundeten Vereinbarung.
cc) Beendigung des Güterstandes durch Ehescheidung
Rz. 575
Im Falle der Beendigung des Güterstandes durch Scheidung endet der gesetzliche Güterstand mit Rechtskraft des Scheidungsendbeschlusses. Dies folgt aus der gesetzlichen Systematik: Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird automatisch – wenn kein anderer Güterstand durch notarielle Vereinbarung gewählt wird – als gesetzlicher Güterstand zugrunde gelegt, § 1363 Abs. 1 BGB. Der gesetzliche Güterstand beginnt mit der Eheschließung und endet mit der Rechtskraft des Scheidungsendbeschlusses, also mit Rechtskraft der Ehescheidung; dies ergibt sich aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Regelungen in § 1564 S. 2 BGB:
"Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst" und in § 1378 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 BGB: "die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstandes".
dd) Beendigung des Güterstandes durch Aufhebung der Ehe
Rz. 576
Im Falle der Beendigung des Güterstandes durch Aufhebung der Ehe endet der gesetzliche Güterstand mit Rechtskraft der Entscheidung, § 1313 S. 2 BGB. Hinsichtlich der Folgen verweist § 1318 Abs. 3 BGB für die Frage des Zugewinnausgleichs grundsätzlich auf die §§ 1363 bis 1390. Ausnahmsweise findet allerdings bei einer Eheaufhebung kein Zugewinnausgleich statt, wenn dies im Hinblick auf die Umstände bei der Eheschließung oder bei Verstoß gegen § 1306 BGB (Verbot der Mehrehe/Mehrpartnerschaft) im Hinblick auf die Belange der dritten Person grob unbillig wäre, § 1318 Abs. 3 Hs. 2 BGB.
ee) Beendigung des Güterstandes durch vorzeitigen Zugewinnausgleich/vorzeitiges Aufhebungsverlangen
Rz. 577
Im Falle der Beendigung des Güterstandes durch Gestaltungsurteil gem. § 1386 BGB, auch in Verbindung mit dem Zahlungsanspruch gem. § 1385 BGB, endet der Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung. Ab diesem Zeitpunkt tritt Gütertrennung ein, § 1388 BGB.
ff) Vorverlegung des Berechnungszeitpunktes, §§ 1384 und 1387 BGB
Rz. 578
Die Vorverlegung des Bere...