Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
Rz. 1555
Der Inhalt des neuen gemeinsamen (Wahl-)Güterstands ist in Art. 2–18 geregelt (Art. 1 S. 2).
a) Grundstruktur des Güterstands (Art. 2)
Rz. 1556
Entscheiden sich Eheleute (oder eingetragene Lebenspartner) für den deutsch-französischen Wahlgüterstand, bleiben ihre Vermögen – wie bei der Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht – während der Ehe getrennt (Art. 2 S. 1). Jeder Ehegatte verwaltet und nutzt sein Vermögen allein (Art. 4 S. 1). Er verfügt auch allein über sein Vermögen, wobei Art. 5 und Art. 6 dieses Recht beschränken. Erst bei Beendigung des Güterstands wird der erwirtschaftete Zugewinn – derjenige Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt (Art. 2 S. 2) – untereinander ausgeglichen; die Zugewinnausgleichsforderung ergibt sich aus dem Vergleich der erzielten Zugewinne der Ehegatten (Art. 2 S. 3).
Rz. 1557
Für das deutsche Steuerrecht ist sichergestellt, dass der deutsch-französische Wahlgüterstand bei der Erbschaftsteuer und bei der Schenkungsteuer genauso behandelt wird wie die deutsche Zugewinngemeinschaft.
Rz. 1558
Trotz inhaltlicher Nähe zur Zugewinngemeinschaft gibt es bei dem neuen Wahlgüterstand aber eine Reihe französisch geprägter Besonderheiten; insb. wird eheneutraler Vermögenserwerb während der Ehe (etwa Schmerzensgeld und zufällige Wertsteigerungen von Immobilien, etwa durch Erklärung zu Bauland) nicht im Zugewinnausgleich berücksichtigt.
b) Begründung (Art. 3) und Beendigung (Art. 7) des Güterstands
Rz. 1559
Die Ehegatten können durch Ehevertrag vereinbaren, dass die Wahl-Zugewinngemeinschaft ihr Güterstand ist (Art. 3 Abs. 1); für Deutschland besteht Formzwang des Ehevertrags. Nach Art. 3 Abs. 2 kann der Vertrag vor Eingehung oder während des Bestands der Ehe geschlossen werden. Der Güterstand wird mit Abschluss des Vertrages, frühestens jedoch mit dem Tag der Eheschließung wirksam, wobei die Vorschriften über die Änderung eines bis dahin bestehenden Güterstands unberührt bleiben. Die Eheleute dürfen den Güterstand bzgl. Festsetzung der Zugewinnausgleichsforderung bei Beendigung des Güterstands (bezogen auf Kap. V des Abkommens, das Art. 8 mit Art. 14 umfasst) modifizieren (Art. 3 Abs. 3).
Rz. 1560
Der Güterstand endet durch Tod oder Todeserklärung eines Ehegatten, durch Wechsel des Güterstands oder mit Rechtskraft der Ehescheidung oder jeder anderen gerichtlichen Entscheidung, die den Güterstand beendet (Art. 7).
c) Verfügungsbeschränkungen (Art. 5)
Rz. 1561
Die Ehewohnung wird in diesem neuen Güterstand besonders geschützt. Die Ehegatten können zwar ihr jeweiliges Vermögen alleine verwalten und über die einzelnen Vermögensgegenstände frei verfügen (Art. 4), nicht aber über die Ehewohnung und/oder Haushaltsgegenstände. Art. 5 normiert ein generelles Verfügungsverbot und die Notwendigkeit der Zustimmung des anderen Ehegatten: "Rechtsgeschäfte eines Ehegatten über Haushaltsgegenstände oder über Rechte, durch die die Familienwohnung sichergestellt wird, sind ohne Zustimmung des anderen Ehegatten unwirksam" (Art. 5 Abs. 1 S. 1).
d) Geschäfte zur Führung des Haushalts (Art. 6)
Rz. 1562
Jeder Ehegatte kann Verträge zur Führung des Haushalts und für den Bedarf der Kinderallein schließen. Diese Verträge verpflichten den anderen Ehegatten gesamtschuldnerisch (Art. 6 Abs. 1). Geht aber ein Ehegatte Zahlungsverpflichtungen ein, "die insbesondere nach der Lebensführung der Ehegatten offensichtlich unangemessen sind, und dem Vertragspartner dies bekannt war oder er es erkennen musste, wird der andere Ehegatte abweichend von Art. 6 Abs. 1 nicht verpflichtet" (Art. 6 Abs. 2). Diese Vorschrift erweitert § 1357 BGB wesentlich.
e) Anfangsvermögen (Art. 8, Art. 9)
Rz. 1563
Art. 8 bestimmt die Zusammensetzung des Anfangsvermögens, Art. 9 dessen Bewertung.
aa) Zusammensetzung des Anfangsvermögens (Art. 8)
Rz. 1564
Anfangsvermögen ist das Vermögen jedes Ehegatten am Tag des Eintritts des Güterstands. Verbindlichkeiten werden im Anfangsvermögen berücksichtigt, auch wenn sie das Aktivvermögen übersteigen (Art. 8 Abs. 1). Maßgebend ist also der Bestand des Vermögens entweder bei der Heirat oder durch späteren Vertrag bei entsprechender Rechtswahl. Art. 8 Abs. 2 rechnet dem Anfangsvermögen – ähnlich wie § 1374 Abs. 2 BGB – den privilegierten Erwerb (Erbschaft, Schenkung oder Schmerzensgeld) zu. Art. 8 Abs. 2 S. 2 regelt den negativ-privilegierten Erwerb ("Die Verbindlichkeiten, die dieses Vermögen betreffen, werden beim Anfangsvermögen selbst dann berücksichtigt, wenn sie das Aktivvermögen überschreiten").
Rz. 1565
Art. 8 Abs. 3 normiert eine Ausnahme vom privilegierten Erwerb: Dem Anfangsvermögen werden nicht zugerechnet dessen Früchte sowie die Gegenstände des Anfangsvermögens, die ein Ehegatte während des Güterstands Verwandten in gerader Linie geschenkt hat. Aus dem Anfangsvermögen gezogene Früchte unterfallen somit dem Zugewinnausgleich, ebenso der Wertzuwachs an einem an einen Verwandten in gerader ...