Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
a) Grundsätze
Rz. 591
§ 1378 Abs. 2 S. 1 BGB begrenzt die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung auf den Wert des Vermögens, der nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhanden ist. Durch § 1384 BGB wird dieser Zeitpunkt auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrags vorverlegt. Dies gilt auch im Falle des vorzeitigen Zugewinnausgleichs über § 1387 BGB. Es handelt sich dabei nicht um eine Einrede, die vom Ausgleichspflichtigen erhoben werden muss. Vielmehr geht es um die Rechtsfolge, nämlich die Ausgleichsforderung aus der Berechnung des Zugewinns. Da ja die Höhe des vorhandenen Endvermögens zur Berechnung angegeben werden muss, ergibt sich daraus auch die Begrenzung.
Rz. 592
Damit muss der Zugewinnausgleichspflichtige maximal sein positives Vermögen, ermittelt zum Stichtag der Berechnung des Endvermögens, zum Ausgleich des Zugewinns einsetzen. Ein sich rechnerisch ergebender höherer Ausgleichsanspruch nach § 1378 Abs. 1 BGB entsteht durch diese Begrenzungsregel erst gar nicht. Vermögensveränderungen nach dem Stichtag für das Endvermögen bis zur Rechtskraft der Ehescheidung haben damit grundsätzlich keinen Einfluss mehr auf die Zugewinnausgleichsforderung; ausnahmsweise kann der Ausgleichspflichtige bei einem unverschuldeten Vermögensverfall zwischen diesen Zeitpunkten allenfalls eine Korrektur über die Bestimmung des § 1381 BGB (grobe Unbilligkeit) erreichen.
Rz. 593
Eine Korrektur dieser Begrenzung zugunsten des Ausgleichsberechtigten erfolgt nur über § 1378 Abs. 2 S. 2 BGB: Der auf das vorhandene Vermögen begrenzte Ausgleichsanspruch erhöht sich um den Betrag, der wegen illoyaler Vermögensverschiebungen nicht mehr vorhanden ist, § 1378 Abs. 2 S. 2 BGB.
Rz. 594
Durch die beschriebene Neuregelung ab 1.9.2009 (Vorverlegung des Zeitpunkts, in dem die Zugewinnausgleichsforderung entsteht) können Streitfragen über die Zugewinnausgleichsforderung durch Vermögensveränderungen zwischen dem Stichtag zur Ermittlung des Endvermögens und der Beendigung des Güterstandes durch rechtskräftige Ehescheidung kaum mehr – mit Ausnahme von Konstellationen unter Billigkeitsgesichtspunkten – entstehen. Der BGH hatte zuletzt darüber zu befinden, ob diese Vorverlegung des Zeitpunkts nach § 1384 BGB in Verbindung mit § 1378 Abs. 2 BGB auch dann zu berücksichtigen ist, wenn die Ehescheidung vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 1384 BGB (1.9.2009) rechtskräftig geworden ist und erst danach (unabhängig davon, ob vor oder nach dem 1.9.2009) ein isoliertes Zugewinnausgleichsverfahren eingeleitet wurde. In diesem Fall trat nämlich nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ein unverschuldeter Vermögensverfall ein. Wäre die Neufassung anzuwenden gewesen, hätte sich ein erheblicher Zugewinnausgleichsanspruch für die Ausgleichsberechtigte ergeben; wäre die alte Fassung anzuwenden gewesen, hätte sich die Begrenzung auf das Vermögen zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung so ausgewirkt, dass wegen des unverschuldeten Vermögensverfalls kein Zugewinnausgleichsanspruch bestanden hätte. Der BGH hat die letztgenannte Auffassung vertreten. Darüber hinaus hat er darauf hingewiesen, dass anderenfalls wohl auch ein möglicher Anspruch an § 1381 BGB gescheitert wäre.
b) Auswirkungen bei negativem Anfangsvermögen
Rz. 595
Bei einem negativen Anfangsvermögen und einem Endvermögen, das das indexierte Anfangsvermögen übersteigt, ergibt sich zunächst ein rechnerischer Zugewinn in Höhe der Differenz, auch wenn das Endvermögen noch negativ oder geringer als der rechnerische Ausgleichsbetrag ist. Ergibt sich beim anderen Ehepartner kein Zugewinn, begrenzt § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB in diesen Fällen die Ausgleichsforderung auf den Wert des vorhandenen, positiven Endvermögens des Ausgleichspflichtigen. Ist dieses Null oder negativ, ist kein Ausgleich geschuldet. Begründet ist dies in den Gesetzesmaterialien damit, "dass der Ausgleichsschuldner zur Erfüllung der Ausgleichsforderung grundsätzlich keine Verbindlichkeiten eingehen muss".
Wenn nun aber eine illoyale Vermögensverschiebung nach § 1378 Abs. 2 S. 2 BGB vorliegt, ist diese dem zunächst ermittelten Endvermögen hinzuzurechnen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift. Wenn also das Endvermögen negativ ist und durch die Hinzurechnung einer illoyalen Vermögensverschiebung negativ bleibt, ist kein Zugewinnausgleich geschuldet. Ergibt sich bei der Hinzurechnung ein positives Endvermögen, ist dieses als Ausgleich geschuldet, auch wenn es nicht mehr vorhanden ist. Der Ausgleichsschuldner muss dann dafür einen Kredit aufnehmen. Dies hat der Gesetzgeber zwar nicht gesehen, ergibt sich aber aus der Systematik des Gesetzes.
Gerichtliche Entscheidungen hierzu liegen – soweit ersichtlich – nicht vor.
Praxistipps
1. Auf Seiten des Ausgleichsberechtigten kann die Auffassung vertreten werden, dass sich der Zugewinnausgleich um die illoyale Vermögensverschiebung erhöht und auszugleichen ist. Gestüt...