Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
Rz. 1167
In den §§ 1423–1425 BGB sind Ausnahmen von dem umfassenden Verwaltungsrecht des alleinverwaltungsberechtigten Ehegatten geregelt.
(1) Verfügung über das Gesamtgut im Ganzen
Rz. 1168
Der alleinverwaltende Ehegatte kann sich gemäß § 1423 S. 1 BGB nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über das Gesamtgut im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, kann er gemäß § 1423 S. 2 BGB die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. Die Einwilligung bedarf keiner bestimmen Form und kann auch stillschweigend erteilt werden.
Rz. 1169
Für die Beurteilung, ob über das Gesamtgut im Ganzen verfügt wird, können die Rechtsgrundsätze zu Verfügungen über Vermögen im Ganzen gemäß § 1365 BGB entsprechend herangezogen werden. Damit liegt eine Verfügung über das Gesamtgut im Ganzen nicht vor, wenn Werte von 10 bis 15 % des Gesamtguts verbleiben.
(2) Verfügungen über Grundstücke, Schiffe oder Schiffsbauwerke
Rz. 1170
Der alleinverwaltende Ehegatte kann gemäß § 1424 S. 1 Hs. 1 BGB nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten über ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück verfügen. Er kann sich gemäß § 1424 S. 1 Hs. 2 BGB zu so einer Verfügung auch nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten. Dasselbe gilt gemäß § 1424 S. 2 BGB, wenn ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk zum Gesamtgut gehört.
Rz. 1171
Die Vorschrift ist auch für grundstücksgleiche Rechte, wie beispielsweise Erbbaurechte, anwendbar.
(3) Schenkungen
Rz. 1172
Der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte kann gemäß § 1425 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten Gegenstände aus dem Gesamtgut verschenken. Hat er ohne Zustimmung des anderen Ehegatten versprochen, Gegenstände aus dem Gesamtgut zu verschenken, so kann er dieses Versprechen gemäß § 1425 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte dazu seine Einwilligung erteilt. Unter Schenkungen versteht man alle unentgeltlichen Zuwendungen, damit auch die Übernahme einer Bürgschaft, die Löschung einer Grundschuld oder die Sicherungsabtretung einer Hypothek.
Rz. 1173
Gemäß § 1425 Abs. 1 S. 2 BGB gilt das Einwilligungserfordernis auch für Schenkungsversprechen, die eine andere Vermögensmasse (Gesamt- oder Vorbehaltsgut) betreffen, da das Gesamtgut für alle Verbindlichkeiten haftet. Wird allerdings bei dem Schenkungsversprechen die Haftung des Gesamtguts ausdrücklich ausgeschlossen, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten nicht erforderlich. Die nachträgliche Wirksamkeit eines unwirksamen Schenkungsversprechens tritt ein, wenn der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte das Schenkungsversprechen aus seinem Vermögen erfüllt.
Rz. 1174
Ausgenommen sind gemäß § 1425 Abs. 2 BGB Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird. Damit sind beispielsweise übliche Geschenke aus Anlass von Familienfesten oder Trinkgelder gemeint.
(4) Ersetzung der Zustimmung des anderen Ehegatten
Rz. 1175
Wenn ein Rechtsgeschäft, das nach den §§ 1423, 1424 BGB nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten vorgenommen werden kann, zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich ist, so kann das Familiengericht gemäß § 1426 BGB auf Antrag die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Die Ersetzung kann nur der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte beantragen, nicht aber dritte Personen, wie beispielsweise Geschäftspartner. Die Ersetzung der Zustimmung zu einer Schenkung im Sinne des § 1425 BGB ist nicht möglich.
Rz. 1176
Ob die Ersetzung zur ordnungsmäßen Verwaltung notwendig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Familie ab. Es ist ein objektiver Maßstab anzulegen, auf die subjektive Auffassung der Ehegatten kommt es nicht an. Beispielsweise kann die Übertragung von Baugrund aus dem Gesamtgut zur Wegfertigung eines Pflichtteilsanspruchs und zur Gewinnung des Berechtigten als Hilfskraft für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Anwesens zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich sein und zur Ersetzung der Zustimmung führen.
Rz. 1177
Die Verweigerung zur Zustimmung kann gerechtfertigt sein bei Vorliegen wirtschaftlicher oder ideeller Gründe, beispielsweise bei Gefährdung des Familienfriedens oder bei Befürchtung von nachteiligen Folgen für den nicht zustimmenden Ehegatten.
Rz. 1178
Durch die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung treten die gleichen Folgen ein wie bei Zustimmungserteilung durch den anderen Ehegatten. Dies führt insbesondere dazu, dass der andere Ehegatte nicht persönlich verpflichtet wird.