Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
Rz. 1185
In den folgenden Ausnahmefällen können von dem nichtverwaltungsberechtigten Ehegatten vorgenommene Rechtsgeschäfte Wirksamkeit für das Gesamtgut entfalten.
(1) Notverwaltungsrecht
Rz. 1186
In dem Fall, dass der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte durch Krankheit oder durch Abwesenheit verhindert ist, ein auf das Gesamtgut bezogenes Rechtsgeschäft vorzunehmen, kann der andere Ehegatte gemäß § 1429 S. 1 Hs. 1 BGB das Rechtsgeschäft vornehmen, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Dabei ist eine vorübergehende Verhinderung ausreichend. Verweigert der verwaltende Ehegatte die Verwaltung, greift die Vorschrift dagegen nicht. Bei der Beurteilung, ob mit dem Aufschub eine Gefahr, also Nachteile für die Ehegatten oder das Gesamtgut, verbunden ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Vornahme der Verwaltungshandlung an.
Rz. 1187
Im Rahmen des Notverwaltungsrechts kann der nichtverwaltende Ehegatte nach § 1429 S. 1. Hs. 2 BGB in eigenem Namen oder im Namen des verwaltenden Ehegatten handeln. Handelt er im Namen des verwaltenden Ehegatten, werden gemäß §§ 1438 Abs. 1, 1437 BGB nur dieser und das Gesamtgut verpflichtet. Handelt er im eigenen Namen, verpflichtet er neben dem Gesamtgut und dem Gesamtgutsverwalter auch sich selbst, es sei denn, er hat dem Dritten gegenüber ausdrücklich erklärt oder es war für den Dritten erkennbar, dass er nicht für sich, sondern für das Gesamtgut handeln wollte.
Rz. 1188
Das Notverwaltungsrecht im Sinne des § 1429 S. 1 BGB gilt gemäß § 1429 S. 2 BGB für die Führung eines Rechtsstreits, der sich auf das Gesamtgut bezieht, entsprechend. Der nichtverwaltende Ehegatte kann im Rahmen des Notverwaltungsrechts einen vom Verwalter geführten Aktiv- oder Passivrechtsstreit weiterführen, aber auch selbst ein gerichtliches Verfahren einleiten. Endet die Verhinderung des Gesamtgutsverwalters, kann er einen Rechtsstreit aufnehmen, wenn ihn der andere Ehegatte in seinem Namen geführt hat. Hat der andere Ehegatte ihn aber in eigenem Namen geführt, ist zur Übernahme die Zustimmung des Prozessgegners erforderlich.
(2) Ersetzung der Zustimmung des Verwalters
Rz. 1189
Verweigert der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte ohne ausreichenden Grund die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft, das der andere Ehegatte zur ordnungsgemäßen Besorgung seiner persönlichen Angelegenheiten vornehmen muss, aber ohne diese Zustimmung nicht mit Wirkung für das Gesamtgut vornehmen kann, so kann gemäß § 1430 BGB das Familiengericht die Zustimmung auf Antrag ersetzen. Ersetzt werden kann aber nur das Rechtsgeschäft im Ganzen.
Rz. 1190
Persönliche Angelegenheiten eines Ehegatten liegen vor, wenn sie nicht nur auf das Vermögen, sondern auch auf seine Person bezogen sind. Dies trifft beispielsweise auf Trennungsunterhaltsansprüche und die Geltendmachung eines Kostenvorschusses zu.
(3) Selbstständiges Erwerbsgeschäft
Rz. 1191
Hat der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte seine Einwilligung dazu erteilt, dass der andere Ehegatte selbstständig ein Erwerbsgeschäft betreibt, so ist gemäß § 1431 Abs. 1 S. 1 BGB seine Zustimmung zu solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten nicht erforderlich, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt.
Rz. 1192
Ein selbstständiges Erwerbsgeschäft ist jede auf Dauer angelegte und auf Erzielung von Einnahmen gerichtete Betätigung, die durch den Ehegatten als eigenverantwortlicher Unternehmer ausgeführt wird. Darunter fallen auch freiberufliche Tätigkeiten, z.B. als Rechtswalt oder Arzt, oder die Tätigkeit als Landwirt. Ein selbstständiges Erwerbsgeschäft liegt auch dann vor, wenn es von beiden Ehegatten gemeinschaftlich geführt wird. Ferner ist ein selbstständiges Erwerbsgeschäft in der Tätigkeit eines Ehegatten als persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft zu sehen, selbst wenn er von der Vertretung ausgeschlossen ist. Dagegen liegt kein selbstständiges Erwerbsgeschäft bei der bloßen Kapitalanlage als Kommanditist, stiller Gesellschafter oder GmbH-Gesellschafter vor.
Rz. 1193
Die Einwilligung zu dem selbstständigen Betreiben des Erwerbsgeschäfts bedarf keiner bestimmten Form. Sie kann ausdrücklich oder konkludent erteilt werden. Einer Einwilligung steht es gleich, wenn der Ehegatte weiß, dass der andere Ehegatte ein Erwerbsgeschäft betreibt und er hiergegen keinen Einspruch eingelegt hat (§ 1431 Abs. 2 BGB).
Liegt die Einwilligung vor, so ist nach § 1431 Abs. 1 S. 1 BGB die Zustimmung des verwaltungsberechtigten Ehegatten zu Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt, nicht erforderlich. Der das selbstständige Erwerbsgeschäft betreibende Ehegatte ist insoweit für alle Rechtsstreitigkeiten aktiv- und passivlegitimiert. Liegt ein Titel gegen ihn vor, kann gemäß § 741 ZPO in das Gesamtgut vollstreckt werden, es sei denn, das...