Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
Rz. 289
Im Zuge der Ermittlung des Unternehmenswerts als Zukunftserfolgswert stellt die Prognose der finanziellen Überschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen das Kernproblem einer jeden Unternehmensbewertung dar.
Rz. 290
Unter Prognose ist hierbei die Hypothese über zukünftige Ereignisse und Ereignisfolgen zu verstehen, welche sich auf die zum Bewertungsstichtag noch unbekannte Zukunft bezieht. Das Prognoseziel liegt unter dem Gesichtspunkt der Objektivierung dabei weniger in der Vorhersage der künftigen Entwicklung, sondern vielmehr in der Ableitung von Tendenzaussagen über die künftige Entwicklung anhand von Daten der Gegenwart und Vergangenheit.
Rz. 291
Ausgangspunkt einer jeden Prognose sind eine umfangreiche Informationsbeschaffung und darauf aufbauende vergangenheits-, stichtags- und zukunftsorientierte Unternehmensanalysen, die durch Plausibilitätsüberlegungen im Hinblick auf ihre Angemessenheit und Widerspruchsfreiheit zu überprüfen sind.
Rz. 292
Auf die Informationsbeschaffung sollte daher ein besonderes Augenmerk gelegt werden, da die inhaltliche Qualität einer Unternehmensanalyse maßgeblich durch die Qualität und Umfang der verfügbaren Informationen bestimmt wird.
Rz. 293
Es ist darauf zu achten, dass hinsichtlich des Umfangs der Informationsbeschaffung vom Gutachter alle bewertungsrelevanten Informationen im Bewertungskalkül berücksichtigt worden sind, wobei die Aussagefähigkeit der Bewertung maßgeblich durch die Aktualität der zugrunde liegenden Informationen beeinflusst wird.
Rz. 294
Für die Prognose der finanziellen Überschüsse sollten grundsätzlich unternehmens- und marktorientierte zukunftsbezogene Informationen herangezogen werden. Unternehmensbezogene Informationen sind vor allem internen Planungsrechnungen sowie daraus entwickelten Plan-Bilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Plan-Kapitalflussrechnungen des zu bewertenden Unternehmens zu entnehmen. Marktbezogene Informationen können aus branchenspezifischen und volkswirtschaftlichen Daten abgeleitet werden.
Rz. 295
Zur Prognose künftiger Entwicklungen und für die Vornahme von Plausibilitätsüberlegungen bedarf es zunächst einer Analyse der Vergangenheit des Unternehmens als Ausgangspunkt für die in die Zukunft gerichteten Bewertungsschritte (siehe hierzu Rn 299).
Aufgrund der Tatsache, dass die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens nur begrenzt zu prognostizieren ist, lassen sich die künftigen finanziellen Überschüsse für einen gewissen Zeitraum der näheren Zukunft einfacher und besser einschätzen als für die fernere Zukunft. Es hat sich daher wegen der eingeschränkten Prognostizierbarkeit in der Bewertungstheorie und -praxis das sogenannte Phasenmodell, welches eine Zerlegung des Prognosezeitraums in Phasen mit unterschiedlicher Schätzgenauigkeit vorsieht, durchgesetzt und etabliert.
Rz. 296
Nach dem IDW S1 wird die Planung und Prognose meist in zwei Phasen vorgenommen:
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Für die erste Phase – Detailplanungsphase, die einen überschaubaren Zeitraum von drei bis fünf Jahren umfasst, sollen hinreichend detaillierte Planungsrechnungen zur Verfügung stehen, so dass die zahlreichen Einflussgrößen meist einzeln zur Prognose der finanziellen Überschüsse veranschlagt werden können. |
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Die ferne zweite Phase umfasst den Zeitraum nach der Detailplanung der ersten Phase und die Planungsjahre basieren in der Regel auf Fortschreibungen von Trendentwicklungen der Detailplanung der ersten Phase. Die zweite Phase wird finanzmathematisch als sogenannte "ewige Rente" bezeichnet. |
Als Beginn der zweiten Phase wird empfohlen, die Erreichung eines "konstanten Unternehmenszustandes" durch Beendigung der Auswirkungen von Synergien und Investitionen sowie bei noch jungen Märkten durch Beendigung der Wachstumsphase abzuwarten.
Rz. 297
Die Planung der künftigen finanziellen Überschüsse ist auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Hierfür müssen die einzelnen Teilplanungen, insbesondere Plan – Bilanzen, Plan – Gewinn und Verlustrechnungen und Finanzplanungen aufeinander abgestimmt und in sich plausibel sein.
Rz. 298
Wenn das Unternehmen nicht über eine Unternehmensplanung verfügen sollte, hat der Bewerter die Planung in Abstimmung mit dem Unternehmensmanagement vorzunehmen.