(1) Allgemein

 

Rz. 738

Ein Zugewinnausgleichsanspruch kann grundsätzlich der Verwirkung unterliegen. Bei der Verwirkung handelt es sich um die Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Es handelt sich um eine rechtsvernichtende Einwendung,[987] die von Amts wegen zu berücksichtigen ist.[988] Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung, die im gesamten Privatrecht eingewendet werden kann.[989] Die Verwirkung wird wegen der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist nur in Ausnahmefällen den Anspruch vernichten können.[990]

[987] BGHZ 180, 88 – 98 = NJW-RR 2009, 1000 – 1003 = FamRZ 2009, 858 – 861.
[988] BGH NJW 1966, 343 – 347.
[989] BGH JurionRS 2014, 17803 Rn 17 ff. m.w.N.
[990] LG Dortmund JurionRS 1987, 10081 Rn 31.

(2) Voraussetzungen

 

Rz. 739

Die Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und sich darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht auch künftig nicht mehr geltend machen (sog. Umstandsmoment).[991] Das Umstandsmoment fordert zwar weniger als eine mündliche oder auch nur konkludente Vereinbarung zwischen den Beteiligten hierüber. Notwendig ist aber zumindest ein einseitiges Verhalten des Ausgleichsberechtigten, das beim Ausgleichspflichtigen den nachvollziehbaren Eindruck entstehen lässt, der Berechtigte werde den Anspruch nicht mehr geltend machen.

[991] BGH NJW-RR 2004, 649 – 650; FamRZ 2004, 531 – 532.

(3) Darlegungs- und Beweislast

 

Rz. 740

Der Ausgleichspflichtige trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Verwirkung; der Ausgleichsberechtigte trägt die Darlegungslast dafür, dass, wann und wie er den Anspruch geltend gemacht hat

(4) Einzelne Entscheidung

 

Rz. 741

Soweit ersichtlich, hat sich mit der Verwirkung der Zugewinnausgleichsforderung nur einmal ein Gericht beschäftigt:

Allein daraus, dass ein Ehegatte etwa 2 ½ Jahre zuwartet, bis er nach Erteilung von Auskünften durch den anderen Ehegatten auf Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Geltendmachung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich klagt, kann nicht die Verwirkung des Zugewinnausgleichsanspruchs hergeleitet werden, sofern nicht besondere Umstände im Sinne eines Umstandsmoments hinzutreten.[992]

[992] OLG Brandenburg JurionRS 2010, 22718.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge