Dr. iur. Thomas Eder, Andreas Hilmer
1. Allgemeines
Rz. 922
Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist als Dauerrechtsverhältnis zu qualifizieren, welches zwar durch Vertrag aufgehoben bzw. modifiziert werden kann, im Übrigen aber darauf ausgelegt ist, für die gesamte Ehedauer Gültigkeit zu besitzen.
Soweit bei Dauerschuldverhältnissen sich eine Vertragspartei durch einseitiges Handeln aus seiner vertraglichen Verpflichtung lösen kann, sofern ein wichtiger Grund eintritt, besitzt der gesetzliche Güterstand demgegenüber größte Stabilität. Nur unter den Voraussetzungen der §§ 1385, 1386 BGB hat ein Ehegatte die Möglichkeit, die bestehende Zugewinngemeinschaft einseitig zu beenden, ohne zugleich die Scheidung der Ehe beantragen zu müssen.
2. Rechtslage bis zum 31.8.2009
Rz. 923
Das Reformgesetz 2009 hat (auch) im Bereich vorzeitiger gerichtlicher Regelungen in der Zugewinngemeinschaft einige Neuregelungen hervorgebracht, um bestehende Schwachpunkte der gesetzlichen Regelung zu beseitigen.
a) Limitierter Rechtsschutz für den ausgleichspflichtigen Ehegatten
Rz. 924
Nach bisherigem Recht konnte der ausgleichspflichtige Ehegatte in den in §§ 1385, 1386 BGB a.F. vorgesehenen Fällen Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erheben. Nach herrschender Meinung standen jedoch die im § 1386 Abs. 2 BGB aufgeführten Gründe nur dem ausgleichsberechtigten Ehegatten zur Verfügung, da nur für ihn eine Gefährdung der Ausgleichsforderung in Betracht kam. Es war also erforderlich auch für den ausgleichspflichtigen Ehegatten einen Schutz vor illoyalen Vermögensverschiebungen zu regeln.
b) Wegfall der Gestaltungsklage
Rz. 925
Nach den §§ 1385, 1386 a.F. BGB musste der Ehepartner, der während Bestehen der Ehe den Ausgleich des Zugewinns verlangte, zunächst die Rechtskraft des die Zugewinngemeinschaft beendenden Gestaltungsurteils abwarten, bevor er Auskunft und Leistung verlangen konnte.
Erst mit Rechtskraft eines gestaltenden Urteils bzw. Teilurteils war der gesetzliche Güterstand beendet und es trat der Güterstand der Gütertrennung ein (§ 1388 BGB). Ab diesem Zeitpunkt konnte der ausgleichsberechtigte Ehegatte mit einer auf Leistung gerichteten Klage vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns verlangen. Es war zwar möglich, diese Leistungsklage im Wege einer Stufenklage (Klagehäufung) mit der Gestaltungsklage zwingend in erster Stufe zu verbinden. Über Nebenansprüche wie Auskunft, Eidesstattliche Versicherung und schließlich der Leistungsstufe durfte erst nach rechtskräftiger Gestaltung des Güterstands durch Gestaltungsurteil in Form eines Teilurteils entschieden werden.
Rz. 926
Erst nach Rechtskraft des Gestaltungsurteils konnten die zur Vorbereitung der Leistungsklage erforderlichen Auskunftsansprüche geltend gemacht und erst danach konnten Sicherungsmaßnahmen nach § 1389 BGB ergriffen werden. Es gab also kaum Schutz für den ausgleichsberechtigten Ehegatten vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages, bzw. des Antrages auf Aufhebung der Ehe oder der Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns vor illoyalen Vermögensminderungen des anderen Ehegatten.
Rz. 927
Dieses aufwändige und umständliche Verfahren des bisherigen Systems des vorläufigen Zugewinnausgleichs führte letztendlich zu einem unzureichenden Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten, insbesondere, wenn dieser nur an einem Zahlungsanspruch interessiert war.
Rz. 928
Ebenso waren die in § 1386 Abs. 2 BGB a.F. genannten Voraussetzungen für die Erhebung einer Gestaltungsklage sehr eng ausgestaltet und schützen den ausgleichsberechtigten Ehegatten letztendlich nicht. So musste etwa nach § 1386 Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F. zunächst abgewartet werden, bis der andere Ehegatte tatsächlich vermögensmindernde Verfügungen vorgenommen hatte. War das Vermögen jedoch durch entsprechende Handlungen bereits gemindert, war es für rechtliche Schutzmaßnahmen regelmäßig zu spät, denn dieses Vermögen war beim sich illoyal verhaltenden Ehegatten nicht mehr vorhanden und konnte daher nicht mehr Gegenstand von Sicherungsmaßnahmen sein.
Rz. 929
Das nicht ausgereifte Sicherungssystem manifestierte sich auch in der Problematik, dass der aus dem Zugewinnausgleich vermutlich berechtigte Ehegatte Sicherheitsleistungen nach § 1389 BGB a.F. verlangen konnte, wenn er Gestaltungsklage erhoben hatte und eine Gefährdung des Ausgleichsanspruchs durch den anderen Ehegatten zu besorgen war. Grundlegende Problematik hierzu war die Tatsache, dass ihm zu diesem Zeitpunkt kein Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB a.F. zur Seite stand und er gar nicht wissen konnte, in welcher Höhe er seinen Anspruch überhaupt sichern sollte.
Neben dieser Unsicherheit bestand die zweite Schwierigkeit im Streit der Gerichte über die Sicherungssysteme und abschließend stellte der BGH auch bei bestehender Sicherheitsleistung auf den Vorrang des § 1378 Abs. 2 BGB ab, so dass le...