1. Leitsatz: BGH, Urt. v. 24.5.2007 – IX ZR 89/06

 

Rz. 110

Der Rechtsanwalt, der den Mandanten vor Übernahme des Auftrags schuldhaft nicht darauf hinweist, dass sich die für seine Tätigkeit zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, ist dem Mandanten zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet.

2. Leitsatz: BGH, Urt. v. 19.9.2013 – IX ZR 322/12

 

Rz. 111

Suchen Eheleute gemeinsam einen Rechtsanwalt auf, um sich in ihrer Scheidungsangelegenheit beraten zu lassen, hat der Anwalt vor Beginn der Beratung auf die gebühren- und vertretungsrechtlichen Folgen einer solchen Beratung hinzuweisen.

3. Leitsatz: BGH, Urt. v. 29.9.2011 – IX ZR 170/10

 

Rz. 112

a) Kündigt der Rechtsanwalt das Mandatsverhältnis, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, steht ihm ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als der Mandant einen anderen Prozessbevollmächtigten neu bestellen muss, mit dessen Vergütung auch die Tätigkeit des kündigenden Anwalts abgegolten wäre.

b) Von einem Interessenwegfall ist auch auszugehen, soweit die aufgrund der Kündigung neu beauftragten Rechtsanwälte fristgebundene Verfahrenshandlungen nicht mehr vornehmen, fristgebundene Erklärungen nicht mehr abgeben und an vergangenen Terminen nicht mehr teilnehmen können, wenn mit der ihnen geschuldeten gesetzlichen Vergütung auch diese Handlungen abgegolten gewesen wären.

4. Leitsatz: BGH, Urt. v. 16.7.2020 – IX ZR 298/19

 

Rz. 113

Dem Mandanten steht nach einer durch ein vertragswidriges Verhalten des Rechtsanwalts veranlassten Kündigung ein Schadensersatzanspruch nur zu, wenn das vertragswidrige Verhalten des Rechtsanwalts einen wichtigen Kündigungsgrund bildet und die insoweit zu beachtende Kündigungsfrist von zwei Wochen gewahrt ist.

5. Leitsatz: BGH, Urt. v. 7.3.2019 – IX ZR 221/18

 

Rz. 114

a) Die Kündigung des Dienstverhältnisses ist nur dann durch ein vertragswidriges Verhalten veranlasst, wenn zwischen dem vertragswidrigen Verhalten und der Kündigung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die Vertragsverletzung Motiv für die außerordentliche Kündigung war und sie diese adäquat kausal verursacht hat (Anschluss an BGH NJW 2018, 3513).

b) Vorarbeiten eines Anwalts, welche noch zu keinem Arbeitsergebnis geführt haben, das an den Mandanten oder einen Dritten herausgegeben werden sollte, können eine Pflichtwidrigkeit nicht begründen, selbst wenn sie Fehler aufweisen.

6. Leitsatz: BGH, Urt. v. 19.11.2020 – IX ZR 133/19

 

Rz. 115

a) Ein Rechtsanwalt, der einen Anwaltsvertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen hat, muss darlegen und beweisen, dass seine Vertragsschlüsse nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgen.

b) Ist ein auf ein begrenztes Rechtsgebiet spezialisierter Rechtsanwalt deutschlandweit tätig, vertritt er Mandanten aus allen Bundesländern und erhält er bis zu 200 Neuanfragen für Mandate pro Monat aus ganz Deutschland, kann dies bei einer über die Homepage erfolgenden deutschlandweiten Werbung im Zusammenhang mit dem Inhalt seines Internetauftritts für ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem sprechen.

 

Rz. 116

 

Anmerkung

Bereits mit Urt. v. 23.11.2017 – IX ZR 204/16 hatte der BGH festgestellt, dass auch Anwaltsverträge den Regeln für den Fernabsatz unterfallen und als solche widerrufen werden können. Macht der Mandant wirksam vom Widerrufsrecht Gebrauch, besteht bei unzureichender Belehrung kein Anspruch auf Vergütung oder Wertersatz.

7. Leitsatz: BGH, Urt. v. 22.2.2018 – IX ZR 115/17

 

Rz. 117

Teilt der Rechtsanwalt dem Mandanten eine den gesetzlichen Anforderungen formal entsprechende, aber inhaltlich falsche Berechnung seiner Vergütung mit, kann er die tatsächlich entstandene Vergütung einfordern, soweit sie die berechnete Vergütung nicht übersteigt (Bestätigung von BGH NJW 2007, 2332).

8. Leitsatz: BGH, Urt. v. 7.3.2019 – IX ZR 143/18

 

Rz. 118

a) Der Rechtsanwalt ist nach Kündigung des Mandats vertraglich verpflichtet, erhaltene Vorschüsse abzurechnen.

b) Der Rechtsanwalt ist vertraglich verpflichtet, erhaltene und nicht verbrauchte Vorschüsse nach Kündigung des Mandats an den Mandanten zurückzuzahlen.

c) Der Rechtsanwalt ist nicht allein deshalb zur Rückzahlung geforderter und erhaltener Vorschüsse verpflichtet, weil er pflichtwidrig keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Rechnung erstellt und dem Mandanten mitgeteilt hat.

9. Leitsatz: BGH, Urt. v. 10.1.2019 – IX ZR 89/18

 

Rz. 119

Ist ein Anwaltsvertrag nichtig, weil der Rechtsanwalt mit dem Abschluss des Vertrags gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist ein Bereicherungsanspruch für Leistungen des Rechtsanwalts ausgeschlossen, wenn der Anwalt vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen oder sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (Anschluss an BGH NJW 2011, 373).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?