I. Versicherungsfall
1. Leitsatz: BGH, Urt. v. 25.2.2015 – IV ZR 214/14
Rz. 140
a) Erhebt der Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung einen Anspruch gegen einen Dritten, ist für die Festlegung der den Versicherungsfall kennzeichnenden Pflichtverletzung allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß seines Anspruchsgegners begründet.
b) Verfolgt der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen, die sein Krankenversicherer allein wegen der Aufrechnung mit einem deliktischen Schadensersatzanspruch verweigert, so kommt es für die Festlegung des Rechtsschutzfalles auf diese Aufrechnung des Krankenversicherers und ihre Begründung nicht an. Der Leistungsausschluss für die Abwehr von nicht aus einer Vertragsverletzung herrührenden Schadensersatzansprüchen aus § 3 Abs. 2 Buchst. a ARB 2005 findet insoweit keine Anwendung.
2. Leitsatz: BGH, Urt. v. 5.11.2014 – IV ZR 22/13
Rz. 141
a) Die Bestimmung in § 14 (3) ARB 75, wonach der Versicherungsfall bereits als eingetreten gilt, wenn ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen, und bei mehreren Verstößen der erste adäquat-ursächliche maßgeblich sein soll, bedarf der einschränkenden Auslegung.
b) Der Gesetzes- oder Pflichtenverstoß eines Dritten, mag er auch die spätere Rechtsverfolgung des Versicherungsnehmers adäquat-kausal begründen, kann nur dann den Rechtsschutzfall auslösen und zeitlich festlegen, wenn bereits ein gesetzliches oder vertragliches Schuldverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Gegner ansteht.
3. Leitsatz: BGH, Urt. v. 24.4.2013 – IV ZR 23/12
Rz. 142
a) Begehrt der Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für die Verfolgung eigener Ansprüche ("Aktivprozess"), richtet sich die Festlegung des verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles i.S.v. § 4 (1) S. 1 Buchst. c) ARB 2004 allein nach der von ihm behaupteten Pflichtverletzung seines Anspruchsgegners, auf die er seinen Anspruch stützt.
b) Macht der Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung geltend, er könne dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages infolge unzureichender Vertragsinformationen noch Jahre später widersprechen und daraus Ansprüche gegen seinen Lebensversicherer herleiten, liegt dessen maßgeblicher Verstoß i.S.v. § 4 (1) S. 1 Buchst. c) ARB 2004 in der Weigerung, das Widerspruchsrecht anzuerkennen, und nicht in der behaupteten mangelnden Information bei Vertragsschluss.
4. Leitsatz: BGH, Urt. v. 3.7.2019 – IV ZR 111/18
Rz. 143
Auch im Passivprozess des Versicherungsnehmers einer Rechtsschutzversicherung ist bei der zeitlichen Festlegung des Rechtsschutzfalles (hier nach § 14 (3) ARB 1975/95) nur auf denjenigen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften abzustellen, den der Versicherungsnehmer seinem Gegner im Ausgangsrechtsstreit anlastet (Fortführung des Senatsurt. v. 30.4.2014 – IV ZR 47/13, BGHZ 201, 73, 77 Rn 15 ff.).
5. Leitsatz: BGH, Urt. v. 2.4.2014 – IV ZR 124/13
Rz. 144
Der Leistungsausschluss nach § 3 (4) d) ARB-RU 2000, wonach Rechtsschutz nicht besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus vom Versicherungsnehmer in eigenem Namen geltend gemachten Ansprüchen anderer Personen, greift nicht ein, wenn der Versicherungsnehmer originär eigene Ansprüche verfolgen will, die er lediglich zur Sicherheit an einen Dritten übertragen hat.
II. Deckung
1. Leitsatz: BGH, Urt. v. 25.5.2011 – IV ZR 59/09
Rz. 145
Der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 3 lit. b ARB 2000 setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer – ausdrücklich oder konkludent – Kostenzugeständnisse in der Weise gemacht hat, dass die Kostenlast zu seinem Nachteil von der angesichts der Obsiegensquote objektiv gebotenen Kostenverteilung abweicht. Das ist vom Versicherer darzulegen und zu beweisen.
2. Leitsatz: BGH, Urt. v. 19.12.2012 – IV ZR 213/11
Rz. 146
Ein für das Eingreifen von § 5 Abs. 3b ARB 94 erforderliches Kostenzugeständnis des Versicherungsnehmers liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung Kostenaufhebung vereinbart wird und ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner nicht bestand (Fortführung von Senatsurteil vom 25.5.2011 – IV ZR 59/09).
3. Leitsatz: BGH, Urt. v. 4.5.2005 – IV ZR 135/04
Rz. 147
Wird ein Rechtsstreit teils über versicherte, teils über unversicherte Ansprüche geführt, hat der Rechtsschutzversicherer die Quote der Prozesskosten zu erstatten, die dem Anteil am Gesamtstreitwert entspricht, für den er eintrittspflichtig ist.
4. Leitsatz: BGH, Urt. v. 14.9.2005 – IV ZR 145/04
Rz. 148
Endet ein mit Rechtsschutz geführter Rechtsstreit durch Vergleich, hat der Versicherer dessen Kosten in Höhe der Misserfolgsquote des Versicherungsnehmers auch insoweit zu tragen, als in den Vergleich weitere, bisher nicht streitige Gegenstände einbezogen worden sind, wenn der Versicherer auch für sie Rechtsschutz zu gewähren hat und sie rechtlich mit dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits zusammenhängen.
5. Leitsatz: BGH, Urt. v. 16.9.2021 – IX ZR 165/19
Rz. 149
a) Die Pflicht des Rechtsanwalts zur Beratung des Mandanten über die Erfolgsaussichten einer in Aussicht genommenen Rechtsverfolgung besteht unabhängig davon, ob der Mandant rechtsschutzversichert ist oder nicht.
b) Die Pflicht des Rechtsanwalts, den Mandanten über die Erfolgsaussichten einer in Aussicht genommenen Rechtsverfolgung aufzuklären, endet nicht mit deren Einleitung; verändert sich die rechtliche oder tatsächliche Ausgangslage im Laufe des Verfah...