Dr. Mario Nöll, Gabriela Hack
Rz. 95
Eine Besonderheit bei der Zuordnung von Vermögenswerten zu der Insolvenzmasse ergibt sich, wenn der Erblasser verheiratet war und im Güterstand der Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) oder der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff. BGB) lebte. Bei dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wie auch bei der Gütertrennung bleiben die Vermögen der Ehegatten getrennt, so dass die vermögensrechtliche Zuordnung in der Regel unproblematisch ist. Endete der Güterstand der Gütergemeinschaft schon zu Lebzeiten des Erblassers, etwa durch Vorversterben des Ehepartners oder Wechsel in einen anderen Güterstand, beurteilt sich die Zuordnung zum Nachlass ebenfalls nach den allgemeinen Vorschriften.
Rz. 96
Inwieweit das Gesamtgut (§ 1416 BGB) bei der Gütergemeinschaft zur Insolvenzmasse gehört, regelt § 37 InsO. Danach ist entscheidend, ob einer der Ehegatten das Gesamtgut verwaltet hat oder beide gemeinschaftlich. Die alleinige Verwaltung durch einen Ehegatten muss gemäß § 1421 S. 1 BGB ehevertraglich vereinbart worden sein. Enthält der Ehevertrag keine Bestimmung hierüber, ist von der gemeinschaftlichen Verwaltung des Gesamtgutes auszugehen, § 1421 S. 2 BGB.
Rz. 97
Nach § 37 Abs. 1 InsO gehört das Gesamtgut nur zur Masse im Insolvenzverfahren über das Vermögen des verwaltenden Ehegatten. In der Insolvenz des nicht verwaltenden Ehegatten ist das Gesamtgut kein Bestandteil der Insolvenzmasse. Der verwaltende Ehegatte hat hier ein Aussonderungsrecht an den Gegenständen des Gesamtgutes. Verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, so wird das Gesamtgut durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines von ihnen nicht berührt, § 37 Abs. 2 InsO.
Wird die Ehe durch den Tod eines der Ehegatten aufgelöst, endet damit die Gütergemeinschaft und der Anteil des Verstorbenen am Gesamtgut gehört nach § 1482 BGB zu dessen Nachlass.
Rz. 98
Bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft wird die Gütergemeinschaft nach dem Ableben eines der Ehegatten zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt, § 1483. Nach Abs. 1 S. 3 der Vorschrift gehört der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut nicht zu dessen Nachlass. In diesen Fällen findet die Auseinandersetzung der Gemeinschaft nach Maßgabe des § 84 InsO außerhalb des Insolvenzverfahrens statt.
Über das Sondervermögen Gesamtgut in der fortgesetzten Gütergemeinschaft kann ein eigenes Insolvenzverfahren eröffnet werden. § 332 InsO verweist hierzu auf die Vorschriften des Nachlassinsolvenzverfahrens.
Rz. 99
Neben dem Gesamtgut haben die Ehegatten in der Gütergemeinschaft Eigenvermögen in Form von Sondergut (§ 1417 BGB) und Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB). Sondergut sind Gegenstände, die nicht übertragbar sind, wie etwa ein Wohnungs- oder Nießbrauchsrecht. Als unpfändbare Rechte (§ 851 Abs. 1 ZPO) unterfallen diese nicht dem Insolvenzbeschlag. Demgegenüber handelt es sich bei dem Vorbehaltsgut eines Ehegatten um dessen verwertbares Eigenvermögen, das im Insolvenzverfahren über dessen Nachlass in die Insolvenzmasse fällt. Vorbehaltsgut entsteht durch eine Erklärung im Ehevertrag oder durch Erwerb von Todes wegen bzw. durch Schenkung mit der Bestimmung des Erblassers bzw. des Schenkers, dass der jeweilige Gegenstand Vorbehaltsgut sein soll.
Die Begründung von Vorbehaltsgut kann im Insolvenzverfahren unter Umständen Anfechtungsansprüche auslösen, wenn die entsprechende Vereinbarung in Erwartung von Vollstreckungsmaßnahmen oder einer Insolvenz beurkundet worden war.