Dr. Mario Nöll, Gabriela Hack
Rz. 43
§ 1978 Abs. 1 S. 1 BGB normiert, dass der Erbe im Falle der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens den Nachlassgläubigern für die bisherige Verwaltung des Nachlasses so verantwortlich ist, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für die Gläubiger als deren Beauftragter zu führen gehabt hätte. § 1978 Abs. 1 S. 2 BGB verweist für die erbschaftlichen Geschäfte des Erben, die dieser vor der Erbschaftsannahme getätigt hatte, auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Somit ist der Erbe den Gläubigern in jedem Fall für seine nachlassbezogenen Handlungen verantwortlich, und zwar je nach dem, ob die Handlung vor oder nach dem Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft (§ 1943 BGB) erfolgt war: Bis zur Erbschaftsannahme haftet der Erbe nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677 ff. BGB, ab Erbschaftsannahme nach Auftragsrecht gemäß §§ 662 ff. BGB. Für die Verbindlichkeiten nach § 1978 Abs. 1 BGB hat der Erbe mit seinem persönlichen Vermögen einzustehen.
Rz. 44
Die Ansprüche der Nachlassgläubiger nach § 1978 Abs. 1 BGB erklärt § 1978 Abs. 2 BGB ausdrücklich als zum Nachlass gehörig, mit der Folge, dass diese in einem Nachlassinsolvenzverfahren in die Insolvenzmasse fallen und vom Insolvenzverwalter geltend zu machen sind. In einem Prozess über Ansprüche nach § 1978 Abs. 1 BGB wird nicht inzident geprüft, ob das Nachlassinsolvenzverfahren zu Recht eröffnet wurde, da das Prozessgericht an den rechtskräftigen Beschluss des Insolvenzgerichts gebunden ist. Ebenso hat die Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle durch den Insolvenzverwalter eine verbindliche Wirkung, die nicht vom Prozessgericht überprüft werden kann.
Rz. 45
§ 1978 BGB erfasst nur Ersatzansprüche gegen den Erben. Hat ein vorläufiger Erbe erbschaftliche Geschäfte getätigt und danach die Erbschaft ausgeschlagen, so haftet dieser nach § 1959 Abs. 1 BGB gegenüber demjenigen, der Erbe wird, wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag. Entsprechende Ansprüche fallen somit ohne weiteres, d.h. ohne dass es einer Analogie zu § 1978 Abs. 2 BGB bedürfte, in den Nachlass und können vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Gleiches gilt auch für mögliche Schadensersatzansprüche gegen frühere Betreuer des Erblassers oder einen Nachlasspfleger.
Rz. 46
Die Haftung nach den §§ 1978 ff. BGB gilt auch nicht für den unbeschränkbar haftenden Erben. Dieser haftet gemäß § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB ohnehin trotz eröffnetem Nachlassinsolvenzverfahren mit seinem gesamten Vermögen. Dies ist zum einen der Fall, wenn der Erbe eine ihm nach Maßgabe des § 1995 BGB nachlassgerichtlich gesetzte Frist zur Inventarerrichtung schuldhaft ungenutzt verstreichen lässt, vgl. § 1994 Abs. 1 BGB, und eine Exkulpation gemäß § 1996 Abs. 1 BGB ausbleibt. Darüber hinaus haftet der Erbe auch dann unbeschränkt, wenn er absichtlich ein unrichtiges Inventar errichtet oder einer amtlichen Inventarerrichtung die Mitwirkung verweigert bzw. verzögert, vgl. §§ 2003, 2005 BGB.
Rz. 47
Zur Durchsetzung der Ansprüche nach § 1978 Abs. 1 BGB hat der Erbe dem Insolvenzverwalter und ggf. den Gläubigern Auskunft über die von ihm getätigten Geschäfte und den Stand des Nachlasses zu erteilen sowie Rechenschaft abzulegen, § 1978 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 666, 259, 260 BGB. Die zentrale Vorschrift des § 666 BGB gilt nicht nur im Auftragsrecht, sondern entsprechend auch bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, § 681 S. 2 BGB.
Die Ansprüche nach § 1978 Abs. 1 BGB werden nachfolgend im Einzelnen dargestellt: