Rz. 27

Im Rahmen der Beratung von Ehegatten bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments werden in der Regel übereinstimmende Vorstellungen der Beteiligten vorliegen. Die praktische Erfahrung zeigt, dass dies zumeist auch dann der Fall ist, wenn es beispielsweise um Fragen einer Wiederverheiratungsklausel geht, da vielfach keinem der Ehegatten daran gelegen ist, dass das Familienvermögen durch eine spätere Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten dem neuen Partner zukommt und den gemeinsamen Kindern teilweise verloren geht.

 

Rz. 28

Dennoch ist darauf zu achten, dass bei dieser Diskussion Interessengegensätze zu Tage treten können. Ist hierbei keine Einigung zu erzielen, so muss der Anwalt das Mandat für beide Ehegatten niederlegen.

 

Rz. 29

Problematisch sind auch Fälle, in denen einer der Ehegatten Kinder aus einer früheren Beziehung hat und er diese nicht gemeinschaftlichen Kinder im Rahmen der Schlusserbfolge bedenken will. Ist der andere Ehegatte hiermit nicht einverstanden, kann es im Rahmen der Beratung der Eheleute zu einer Interessenkollision kommen. Auch wenn in einem derartigen Fall eine Einigung zwischen den Eheleuten erzielt wird, ist darauf zu achten, dass insbesondere die Regelungen zur Schlusserbfolge korrekt abgefasst werden. Soll der überlebende Ehegatte die Möglichkeit haben, die Erbeinsetzung der Kinder einseitig abzuändern, ist eindeutig zu bestimmen, ob sich diese Änderungsmöglichkeit auch auf die nicht gemeinschaftlichen Kinder oder – im Regelfall – lediglich auf den Kreis der gemeinschaftlichen Kinder beziehen soll.

 

Rz. 30

Zu Interessenskonflikten kommt es zuweilen auch, wenn nur ein Ehegatte bedeutsames Vermögen in die Ehe mitgebracht hat; hier ist es oftmals der Fall, dass dieser es nicht unbedingt wünscht, dass der andere Ehegatte die Substanz des Vermögens erhält oder dass, wenn beispielsweise keine Kinder vorhanden sind, dieses Vermögen auf die Seite des nicht vermögenden Ehegatten fließt.

Hat der Rechtsanwalt Ehegatten bei der Errichtung eines Ehegattentestaments beraten, darf er im Anschluss nicht einem Ehegatten – auch nicht nach dem Tod des anderen Ehegatten – Rat darüber erteilen, ob und bejahendenfalls wie er sich von diesem Testament wieder lösen kann.

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