Rz. 74

Der Minderjährige kann nicht selbstständig das angefallene Vermächtnis ausschlagen, weil er dadurch den Vermächtnisanspruch verliert. Wird der Minderjährige durch seine Eltern vertreten, so können sie für ihn das Vermächtnis ausschlagen. Grundsätzlich benötigen sie dazu die Genehmigung des Familiengerichts (§ 1643 Abs. 2 S. 1 BGB). Tritt der Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils, der das Kind (mit-)vertritt ein, so ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn dieser Elternteil neben dem Kind berufen war (§ 1643 Abs. 2 S. 2 BGB). Wird der Minderjährige durch einen Vormund oder Pfleger vertreten, so bedarf dieser zur Ausschlagung die Genehmigung des Familiengerichts nach § 1822 Nr. 2 BGB.

 

Rz. 75

Ist ein Elternteil oder der Vormund derjenige, der mit dem Vermächtnis belastet ist, so hätte er die Ausschlagung seines Kindes gegenüber sich selbst zu erklären (§ 2180 Abs. 2 Abs. 2 S. 1 BGB). Dem steht grundsätzlich § 181 BGB entgegen, nämlich das Verbot des In-Sich-Geschäfts. Von diesem Verbot wird dann zwar eine Ausnahme gemacht, wenn das Rechtsgeschäft, also hier die Ausschlagung, für den Vertretenen nur einen rechtlichen Vorteil im Sinne des § 107 BGB bringt. Aber die Ausschlagung ist für den Minderjährigen nicht rechtlich vorteilhaft, so dass ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) zu bestellen ist, der über Annahme oder Ausschlagung des Vermächtnisses verantwortlich entscheidet.

Neben § 181 BGB ist § 1795 BGB zu beachten. Ist z.B. derjenige, der mit dem Vermächtnis belastet ist, der Vater des Vormunds, so kann der Vormund seinen Mündel bei der Ausschlagung gemäß § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht vertreten, weil die Ausschlagung für den Mündel rechtlich nachteilig ist. Es muss ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) bestellt werden, der über Annahme oder Ausschlagung entscheidet.

Zum Genehmigungserfordernis bei Ausschlagung siehe Rdn 72.

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