Rz. 68
Der Schuldner hat als Kontoinhaber gegenüber der Bank einen Anspruch auf Auskunfts- und Rechnungslegung (§ 666 i.V.m. § 675c BGB). Dieser Anspruch wird grds. durch den Kontoauszug erfüllt, mit dem der Kunde über die fortlaufenden Änderungen auf dem Konto informiert wird. Diese Ansprüche auf Auskunfts- und Rechnungslegung gehen als unselbstständige Nebenrechte mit der gepfändeten Forderung auf den Pfändungsgläubiger über und müssen nicht zusätzlich mitgepfändet werden. Die mit der Pfändung eines Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne Weiteres auch auf alle Nebenrechte, die im Fall einer Abtretung des Hauptrechts nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen (hier: Pfändung der Ansprüche aus einem Girovertrag mit Kontokorrentabrede). Zu Letzteren zählt – so der BGH – ihr Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung gem. §§ 666, 675 BGB, der der Feststellung des Gegenstands und des Betrags des Hauptanspruchs dient.
Rz. 69
Streitig ist in diesem Zusammenhang weiterhin die Frage, ob dem Pfändungsgläubiger ebenfalls das Recht auf Aushändigung der Kontoauszüge gegenüber der Bank als Drittschuldner zusteht. Der Anspruch auf Auskunfts- und Rechnungslegung steht dem Bankkunden nämlich nicht in seiner Eigenschaft als Gläubiger der Guthabenforderung auf dem Konto zu, sondern als Partei des Girovertrags. Auch nach der Pfändung verbleibt dieser Anspruch somit bei dem Bankkunden und geht nicht auf den Pfändungsgläubiger über. Dies würde i.Ü. zu einer Verschlechterung der Stellung des Drittschuldners führen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes ist die Pfändung von Kontoauszügen unzulässig. Der Gläubiger erhält ansonsten hierbei Informationen, die ihm in diesem Umfange aufgrund des Pfändungsbeschlusses nicht zustehen. Bei Aushändigung sämtlicher Kontoauszüge wird der Gläubiger nicht nur über die ihn zu Recht interessierenden Guthaben, sondern auch über sämtliche Kontobewegungen und ein etwa vorhandenes Soll in Kenntnis gesetzt. Hierauf hat der Gläubiger jedoch keinen Anspruch.
Rz. 70
Ebenfalls umstritten ist die Frage, ob der Herausgabeanspruch auf Kontoauszüge gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden kann. Das LG Hildesheim führt darüber hinaus aus, dass es sich bei den Kontoauszügen weder um Legitimationspapiere noch um sonstige Papiere handelt, die eine Forderung beweisen. Nur solche Papiere wären aber der sogenannten Hilfspfändung zugänglich. Auch gegenüber dem Schuldner hat der Gläubiger daher keinen solchen umfassenden Auskunftsanspruch gem. § 836 Abs. 3 ZPO, der ihn über die gesamte Kontenentwicklung in Kenntnis setzt. Der Drittschuldner ist nicht verpflichtet, Belege (Unterlagen usw.) an den Gläubiger herauszugeben. Der selbstständige Auskunftsanspruch des Schuldners aus dem Girovertrag wird bei der Kontenpfändung nicht mitgepfändet.
Rz. 71
Das wird jedoch auch anders gesehen. Die Herausgabeanordnung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss von Kontoauszügen ist nach Ansicht des LG Landshut zulässig. Kontoauszüge gehören zu den Urkunden i.S.v. § 836 Abs. 3 ZPO. Die gemäß § 836 Abs. 3 ZPO herauszugebenden Urkunden sind auf Antrag des Gläubigers in der Regel bereits in den PfÜB aufzunehmen. Gegen die Herausgabepflicht kann nicht ins Feld geführt werden, dass sich der Gläubiger nach § 840 ZPO beim Drittschuldner informieren kann. Vielmehr räumen § 836 Abs. 3 ZPO und § 840 Abs. 1 ZPO dem Gläubiger zwei parallel laufende Kompetenzen ein. Die Möglichkeit, eine Drittschuldnererklärung einzuholen, bietet daher keinen Anlass, dem Gläubiger das Recht abzusprechen, sich nach § 836 ZPO Urkunden vorlegen zu lassen. Der Schuldner ist aber gleichfalls berechtigt, die Angaben zu den einzelnen Buchungen gegebenenfalls zu streichen.
Rz. 72
Nach einer Kontenpfändung umfasst der mit gepfändete Anspruch auf Auskunftserteilung die Mitteilung darüber, wann und in welchem Umfang ein positiver Kontosaldo gegeben war. Der Anspruch auf Rechnungslegung umfasst die Auskunft darüber, welche Beträge die Drittschuldnerin der Pfändung unterliegend angesehen hat. Ein Anspruch darauf, dass die Drittschuldnerin ihrer Auskunftspflicht durch Herausgabe teilweiser geschwärzter Kontoauszugskopien erfüllt, besteht nicht. Die Drittschuldnerin kann auch andere Mitteilungsformen wählen. Die Auskunftsverpflichtung besteht auch bei einem Pfändungsschutzkonto nach § 850k ZPO.
Rz. 73
Auch der BGH hat zu diesen Fragen bereits vereinzelt Stellung bezogen. Hat der Gläubiger Ansprüche des Schuldners gegen ein Kreditinstitut gepfändet, die sowohl auf Auszahlung der positiven Salden gerichtet sind als auch auf die Auszahlung des dem Schuldner eingeräumten Kredits, muss in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf Antrag des Gläubigers die Pflicht zur Herausgabe sämtlicher Kontoauszüge aufgenommen werden. Eine etwaige Verletzung des Rechts des Schuldners auf Geheimhaltung oder informationelle Selbstbestimmung durch Preisgabe der in den Kontoauszügen enthaltenen Informationen...