I. Gesetzliche Regelung
Rz. 76
Im Rahmen der vorherigen Ausführungen zur Pfändung eines Kontos des Schuldners soll nachfolgend ein kurzer Überblick über den seit dem 1.7.2010 bestehenden gesetzlichen Kontenschutz nicht ausgespart werden. Der Gläubiger kann bei Beantragung der Pfändung und Überweisung in die Kontenverbindung des Schuldners mit seiner Bank nicht immer wissen, ob es sich um ein Pfändungsschutzkonto handelt oder der Schuldner das noch "offene" Konto unmittelbar nach der Pfändung in ein solches Schutzkonto umwandelt lässt.
Rz. 77
Mit der Reform des Kontopfändungsschutzes wurde erstmalig ein sog. Pfändungsschutzkonto ("P-Konto") eingeführt. Das Gesetz ist am 1.7.2010 in Kraft getreten. Anlass der Reform des Kontopfändungsschutzes zum 1.7.2010 war, dass die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt hätten, dass die mittlerweile häufig anzutreffende Pfändung der aktuellen und künftigen Guthaben von Girokonten ein typischer Anlass für die Kreditinstitute sei, eine Girokontenverbindung zu kündigen. Ziele der Reform waren, neben dem verfassungsrechtlichen Justizgewährungsanspruch der Gläubiger und einem effektiven Schuldnerschutz insbesondere auch, den Aufwand für die Banken in einem vertretbaren Rahmen zu halten, sodass es nicht mehr aus Anlass einer Kontopfändung zur Schließung von Konten kommt.
Rz. 78
Das zweistufige Reformgesetz trat in seiner ersten Stufe zum 1.7.2010, in zweiter Stufe zum 1.1.2012, in Kraft. Danach wurde das Gesetz zweimal geändert. Zum einen wurde § 850k Abs. 8 und 9 S. 1 ZPO durch Art. 8 Nr. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in der Justiz und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 22.12.2010 mit Wirkung zum 28.12.2010 geändert. Zum anderen wurde mit dem Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder, zur Änderung der Zivilprozessordnung und Abgabenordnung vom 12.4.2011 § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO eingefügt, S. 4 neu gefasst und Abs. 2 S. 2 geändert mit Wirkung zum 16.4.2011. Der früher geltende § 850k ZPO wurde ab dem 1.7.2010 zu § 850l ZPO und regelte den Vollstreckungsschutz für die bis dato bestehenden Konten. Allerdings galt dies nur bis zum 31.12.2011. Der neue § 850k ZPO galt ab dem 1.7.2010 für die neuen P-Konten. Ab dem 1.1.2012 trat § 850l ZPO außer Kraft und es gibt nur noch den Schutz für P-Konten.
Durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG) vom 22.11.2020 wurden die Gesetze erneut massiv geändert. § 850k ZPO wurde vollständig neu gefasst, erstmals gibt es mit § 850l ZPO den Pfändungsschutz eines Gemeinschaftskontos und die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos finden sich jetzt in den §§ 899–910 ZPO.
Rz. 79
Auf dem P-Konto erhält ein Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrages (derzeit 1.330,16 EUR pro Monat bei Ledigen ohne Unterhaltsverpflichtungen). Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt, also beispielsweise ist nicht nur das Guthaben aus Arbeitseinkommen geschützt; dies ist ausdrücklich so gewollt. Künftig genießen damit auch Selbstständige Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben.
Rz. 80
Weiterhin zu beachten ist das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen regelt (ZKG). Der Schwerpunkt dieses "Zahlungskontengesetzes" liegt beim Recht eines jeden Verbrauchers auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto). Hierzu mehr unter Rdn 5 ff.
II. Kontopfändungsschutz im Einzelnen
1. Pfändungsschutz: Grundfreibetrag
Rz. 81
Ein Kontoguthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrags nach § 850c ZPO (ab dem 1.7.2022 monatlich 1.330,16 EUR) wird nicht von einer Pfändung erfasst ("Basispfändungsschutz"). Hierbei handelt es sich ausdrücklich nur um den Grundfreibetrag nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO. Das bedeutet, dass aus diesem Betrag Überweisungen, Lastschriften, Barabhebungen, Daueraufträge etc. getätigt werden können.
Rz. 82
Ist der Schuldner nicht allein, sondern weiteren Personen gegenüber unterhaltspflichtig, sind auch die weiteren zahlenmäßig festgelegten Grundfreibeträge nach § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO (1. Person: 500,62 EUR und 2. bis 5. Person jeweils 278,90 EUR) freizugeben, §§ 899 Abs. 1, 902 ZPO. Der pfändungsfreie Betrag kann durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer mit der Gewährung von Geldleistungen i.S.d. § 902 S. 1 ZPO befassten Einrichtung, des Arbeitgebers oder einer geeigneten Person oder Stelle i.S.d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegenüber dem Kreditinstitut nachgewiesen werden, § 903 ZPO.
Rz. 83
In den Fällen nach § 906 ZPO kann das Vollstreckungsg...