a) Begriff des Rundfunks
Rz. 135
Es gibt keine abschließende Definition des Rundfunkbegriffes (aus verfassungsrechtlicher Sicht). Das BVerfG hat dazu wie folgt ausgeführt:
Zitat
"Der verfassungsrechtliche Begriff des Rundfunks lässt sich nicht abschließend definieren. Sein Gehalt kann sich vielmehr bei tatsächlichen Veränderungen in dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Sozialbereich wandeln. Soll die Rundfunkfreiheit unter den Bedingungen raschen technischen Wandels ihre normative Kraft bewahren, dann darf bei der Bestimmung von Rundfunk nicht nur an eine bereits eingeführte Technik angeknüpft werden. Andernfalls könnte sich die grundrechtliche Gewährleistung auf jene Bereiche erstrecken, in denen gleichfalls die Funktion des Rundfunks, wenn auch mit neuen Mitteln, erfüllt würde."
Rz. 136
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 MStV ist Rundfunk "ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans mittels Telekommunikation. Der Begriff schließt Angebote ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind."
b) Mediale Telemedien
Rz. 137
Der Medienstaatsvertrag legt ein besonderes Gewicht auf die medialen Telemedien, namentlich die rundfunkähnlichen Telemedien, die medienintermediäre, die Medienplattformen, die Benutzeroberflächen sowie die Video-Streaming-Dienste, die nachfolgend kurz erläutert werden.
Neu ist der Begriff der "rundfunkähnlichen Telemedien" (§ 2 Abs. 2 Nr. 13 MStV), also audio- und audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, z.B. Online-Videotheken von Netflix, Sky oder Amazon sowie Audio-Mediendienste auf Abruf, wobei die Inhalte aus einem vom Anbieter festgelegten Katalog bereitgestellt sein müssen. Youtube gehört also nicht hierzu, da hier über die eingestellten Inhalte entschieden wird. § 74 S. 1 MStV entspricht dem früheren § 58 Abs. 3 S. 2 RStV über Werbung und Gewinnspiele.
Medienintermediäre sind Telemedien, die auch journalistisch-redaktionelle Angebote Dritter aggregieren, selektieren und allgemein zugänglich präsentieren, ohne ein Gesamtangebot (im Unterschied zu Medienplattformen) darzustellen (§ 2 Abs. 2 Nr. 16 MStV).
Medienplattformen fassen Rundfunkprogramme, rundfunkähnliche Telemedien oder Telemedien nach § 19 Abs. 1 MStV zu einem Gesamtangebot (somit auch journalistischer Inhalte der sog. "Online-Presse") zusammen (§ 2 Abs. 2 Nr. 14 MStV).
Benutzeroberflächen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Anzeige- und Steuerungsebene von oder für Medienplattformen bilden (§ 2 Nr. 15 MStV).
Video-Sharing-Dienste (siehe § 2 Nr. 22 MStV oder gleichbedeutend auch Videosharingplattform-Dienste, etwa § 10a TMG) sind ebenfalls Telemedien, im Gegensatz zu Medienintermediären ist aber der Hauptzweck darauf gerichtet, Videos, für die der Diensteanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, der Allgemeinheit bereit zu stellen, wobei die Diensteanbieter die Organisation der Sendungen oder der nutzergenerierten Inhalte u.a. auch durch Algorithmen bestimmen (§ 2 Nr. 22 MStV). Es geht also um ein "inhaltsleeres Telemedium", das als Managementsystem und Transportvehikel für Inhalte fungiert.
c) Verortung der Telemedien im Verfassungsgefüge
Rz. 138
Telemedien alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, sofern sie nicht unter das Telekommunkationsgesetz (§ 3 Nr. 61 und 63 TKG 2021, früher: Nr. 24 und 25 TKG) fallen. Die Verortung der Telemedien (Internetplattformen) im verfassungsrechtlichen Gefüge der Normkompetenzen zwischen Bund und Ländern ist schwierig. Rundfunk ist Ländersache, das in der Bundeszuständigkeit stehende Telemediengesetz trifft daher keine inhaltlichen Aussagen (§ 1 Abs. 4 TMG), sondern regelt lediglich die technischen Voraussetzungen und Anforderungen an den Betrieb von Telemedien. Die Länder gestalten demgegenüber die inhaltlichen Anforderungen in §§ 17 ff. MStV aus, indem sie danach differenzieren, ob es sich um journalistisch-redaktionelle Angebote handelt oder eben nicht. Allerdings werden die Bestimmungen des TMG im Wege eines dynamischen Verweises auch für öffentliche Stellen der Länder (öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten) für anwendbar erklärt (§ 24 MStV, früher: § 60 Abs. 2 RStV).