Rz. 251
Der Jugendschutz hat in Deutschland einen so hohen Stellenwert, dass man sich nicht alleine auf die präventive Wirkung von Gesetzen verlässt. Das Strafrecht, etwa die Vorschrift über Pornographie (§ 184 StGB), kommt lediglich als "ultima ratio" zur Anwendung, so dass vor dem Eingreifen der Staatsanwaltschaft, quasi als Vorfilter, zahlreiche organisatorische Maßnahmen vorgesehen sind, um dem Ziel der Abwehr einer potenziellen Jugendgefährdung (vgl. § 1 JMStV) gerecht zu werden. Die Verfolgung der Verletzung strafrechtlicher Vorschriften, die allerdings nicht nur im Strafgesetzbuch geregelt werden, sondern auch in den speziellen Jugendschutzbestimmungen zu finden sind (wie etwa § 27 JuSchG und § 23 JMStV) obliegt der Staatsanwaltschaft als der allgemeinen Strafverfolgungsbehörde (siehe etwa die Verweisnormen des § 24 Abs. 4 JuSchG). Anklage ist dann bei den zuständigen ordentlichen Gerichten, also bei den Amts- oder Landgerichten als Eingangsinstanzen, zu erheben. Als Besonderheit dieser Materie verdient Beachtung, dass hinsichtlich anderer dem öffentlichen Recht zugewiesener Entscheidungsträger (etwa einer Entscheidung der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz, früher: "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" über die Aufnahme von Medien, früher eines Trägermediums in die dort geführten Listen) der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (§ 25 JuSchG). Sofern die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften geltend gemacht wird, ist vorrangig das Zivilverfahrensrecht angesprochen.
a) Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz
Rz. 252
Der allgemeine Jugendschutz nach dem Jugendschutzgesetz sieht als Bundesoberbehörde die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz (Bundeszentrale) vor (§ 17 JuSchG). Deren Aufgaben werden in § 17a JuSchG beschrieben. Die Bundeszentrale unterhält die "Prüfstelle für jugendgefährdende Medien" (Prüfstelle), die über die Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien und deren Streichung entscheidet (§ 17a Abs. 1 JuSchG). Die Mitglieder sind an Weisungen nicht gebunden (§ 19 Abs. 4 JuSchG). Mit der Liste über jugendgefährdende Medien (§§ 17a, 18, 24 JuSchG) will die Prüfstelle von vornherein die Werbung bzw. den Vertrieb bestimmter Medien einschränken oder ganz verhindern (zum Versandhandel siehe § 1 Abs. 4 JuSchG). Der Bezug zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag besteht insofern, als etwa im Hinblick auf die absolut unzulässigen Angebote der Rundfunkanbieter sowie der Telemedien in § 4 Abs. 3 JMStV auf die Entscheidung der BPjM hingewiesen wird.
Rz. 253
Nach § 1 der Verordnung zur Durchführung des Jugendschutzgesetzes (DVO-JuSchG) ist der Sitz der Bundeszentrale in Bonn. Das Verfahren zur Aufnahme eines Trägermediums (§ 1 Abs. 2 JuSchG) oder eines Telemediums (§ 1 Abs. 3 JuSchG) in die Liste jugendgefährdender Medien wird durch das Bundesministerium der Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die obersten Landesbehörden, die zentrale Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz, die Landesjugendämter und die Jugendämter durch schriftlich zu begründenden Antrag eingeleitet (§ 21 Abs. 2 JuSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 DVO-JuSchG). Die Bundeszentrale wird von Amts wegen tätig, wenn eine andere, oben nicht genannte Behörde oder ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe dies anregt und die oder der Vorsitzende der Bundeszentrale die Durchführung des Verfahrens im Interesse des Jugendschutzes für geboten hält (§ 21 Abs. 4 JuSchG).
b) Prinzip der "regulierten Selbstregulierung"
Rz. 254
Der spezielle Jugendmedienschutz nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) der Länder hat folgenden organisatorischen Aufbau: Nach dem Prinzip der "regulierten Selbstregulierung" erfolgt die Kontrolle des Jugendmedienschutzes (präventive interne Selbstregulierung) auf vier Stufen.
Rz. 255
Auf der ersten Stufe stehen die Anbieter selbst. Länderübergreifende Fernsehveranstalter haben einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen (§ 7 Abs. 1 JMStV). Gleiches gilt für geschäftsmäßige Anbieter allgemein zugänglicher Telemedien (also typische Internetanbieter), wenn diese entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte anbieten bzw. Suchmaschinen zur Verfügung stellen. Der Jugendschutzbeauftragte ist Ansprechpartner für die Nutzer und berät den Anbieter in Fragen des Jugendschutzes (§ 7 Abs. 3 JMStV). Er muss die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Sachkunde besitzen und ist in seiner Tätigkeit weisungsfrei. Schließlich ist er unter Fortzahlung seiner Bezüge, soweit für seine Aufgaben erforderlich, von der Arbeitsleistung freizustellen (§ 7 Abs. 4 JMStV).
Rz. 256
Auf der zweiten Stufe stehen die "Anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle" (§ 19 JMStV). Einen Anwendungsbereich dieser Institutionen weist § 7 Abs. 2 JMStV aus, wenn es dort heißt, d...