Rz. 149
Der MStV dient der Regulierung neuer Medienformen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie auch fremde Inhalte online (nicht-linear) vermitteln und dadurch einen besonderen Einfluss auf die Meinungsvielfalt haben. Diesen neuen Akteuren werden Diskriminierungsverbote und weitreichende Transparenzpflichten auferlegt.
In funktionaler Hinsicht kann zwischen den Erstellern und Verbreitern eigener digitaler Medieninhalte sowie den Vermittlern von fremden digitalen Medienangeboten unterschieden werden. Selbstverständlich kann eine "Plattform" (Anbieter von Rundfunk oder medialen Telemedien) mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen, sodass diese einerseits eigene Inhalte erstellt und vermittelt, andererseits auch fremder Angebotsvermittler ist. In solch einem Fall würden die nachfolgend angesprochenen Rechtsfolgen kumulativ anzuwenden sein.
a) Ersteller und Verbreiter digitaler Angebote
Rz. 150
Zunächst wurde der Rundfunkbegriff um das Erfordernis des journalistisch-redaktionellen Angebots als positives Merkmal erweitert (§ 2 Abs. 1 S. 1 MStV). Das sind solche Beiträge, die aufgrund der inhaltlichen Bearbeitung sowie deren Auswahl zur öffentlichen Kommunikation und Meinungsbildung beitragen. Ein weiteres Merkmal ist die organisatorische "Verfestigung", wobei es aber nicht auf eine berufsmäßige journalistische Tätigkeit ankommt.
Beispiel
Auch Gamer, die regelmäßig kommentierte Computerspiele streamen, ebenso wie Live-Kommentierungen von Sportereignissen können unter diese Kategorie fallen.
Rz. 151
Der Rundfunk erfolgt vielfach als Streaming via Internet, wobei dies "entlang eines Sendeplans" erfolgen muss. Letzteres Merkmal war Gegenstand eines Rechtsstreits von "BILD Live", da es sich dabei um drei live gestreamte Internet-Videoformate jeweils zu aktuellen Themen aus Politik und Unterhaltung handelte. Das VG Berlin hat sich mit dem Begriff des Sendeplans auseinandergesetzt und deren Vorliegen bejaht, da es für den Sendeplan bereits ausreiche, "wenn die inhaltlich und zeitliche Abfolge weiterer Sendungen erkennbar beabsichtigt" sei, was in diesem Fall bejaht wurde. Hintergrund ist die Pflicht zur Beantragung einer Rundfunkzulassung (§ 52 MStV), die in diesem Fall nicht vorlag.
Rz. 152
Während nach dem § 20b RStV "Hörfunk im Internet", also Webradios, keine Zulassung bedurften, fallen diese nunmehr grds. unter die Zulassungsbestimmung des § 52 MStV, es sei denn ein Ausnahmekriterium des § 54 Abs. 1 MStV wäre maßgeblich, etwa wenn diese nur geringe Bedeutung für die individuelle oder öffentliche Meinungsbildung entfalten (Nr. 1) oder im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer erreichen (Nr. 2).
Rz. 153
Zu den Erstellern und Verbreitern digitaler Inhalte zählen auch die rundfunkähnlichen Telemedien (§ 2 Abs. 2 Nr. 13 MStV), die ebenfalls der Zulassungspflicht unterliegen (früher § 58 Abs. 3 S. 1 RStV). Hierzu zählen auch die von den Rundfunkanstalten vorgehaltenen Mediatheken (Online-Videotheken).
Rz. 154
Besondere Pflichten folgen für solche Inhalteanbieter wie Podcasts, die als typische rundfunkähnliche Telemedien anzusehen sind, da es dort um die Zusammenstellung von Sendungen unter eigener redaktioneller Verantwortung, eben ähnlich den Rundfunkprogrammen, allerdings nicht-linear (vielmehr auf Abruf) geht.
Für diese Telemedien gilt, dass Werbung leicht erkennbar sein muss, ferner das Trennungsgebot zu beachten ist (Trennung der Werbung von redaktionellen Beiträgen). Die Werbung ist in der Weise zu kennzeichnen, dass vorher und nachher ein Signal ertönt und ein ausdrücklicher Hinweis auf die Werbung erfolgt (§ 74 i.V.m. § 8 Abs. 3 MStV). Politische und Schleichwerbung sind verboten (§ 74 i.V.m. § 8 Abs. 7 MStV).
Rz. 155
Die Sicherung journalistischer Standards für Telemedien soll durch die Beachtung der Sorgfaltspflicht gem. § 19 Abs. 1 S. 1 MStV (früher § 54 RStV) erfolgen. Leitlinie hierfür können die publizistischen Grundsätze des Pressekodex sein (Vereinbarung des Deutschen Presserats mit den Presseverbänden). Hierzu gehört es, veröffentlichte Informationen mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu zu berichten, insbesondere den Inhalt, Herkunft und Wahrheitsgehalt zu prüfen. Es besteht allerdings keine Pflicht zur Neutralität.
Rz. 156
§ 19 Abs. 1 S. 2 MStV erweitert den Anwendungsbereich auf alle geschäftsmäßig erbrachten, journalistisch-redaktionell gestalteten Telemedienangebote, in denen regelmäßig Nachrichten oder politische Informationen enthalten sind.
Rz. 157
Das Trennungsgebot ebenso wie die Erkennbarkeit des Absenders politischer, weltanschaulicher und religiöser Werbung gelten auch für Telemedien (§ 22 Abs. 1 S. 1–3 MStV).