Rz. 114
§§ 211 ff. TKG regeln ein spezielles Beschlusskammerverfahren vor der BNetzA, das gerichtsähnlich ausgestaltet ist. Die Verhandlungen sind öffentlich (§ 215 Abs. 3 TKG). Die Verfahren werden von Amts wegen oder auf Antrag eingeleitet (§ 213 Abs. 1 TKG). Zudem gibt es umfassende Anhörungs- und Stellungnahmerechte (§ 215 TKG). Allerdings ist auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen für die Verhandlung oder für einen Teil davon die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn sie eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere der Staatssicherheit, oder die Gefährdung eines wichtigen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses besorgen lässt (§ 215 Abs. 2 S. 2 TKG). Die einheitliche Spruchpraxis soll durch § 211 Abs. 5 S. 1 TKG und die daraufhin erlassene Geschäftsordnung der BNetzA gewährleistet werden. Fragen des gerichtlichen Rechtsschutzes sind in §§ 217 ff. TKG geregelt. § 217 Abs. 1 TKG sieht entsprechend § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Entscheidungen der BNetzA vor. Diese Norm geht dabei von einem erheblichen öffentlichen Interesse am Sofortvollzug aus. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung richtet sich folglich nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Rz. 115
Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen (GEREK, § 3 Nr. 20 TKG) hat in Streitigkeiten zwischen Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten, die in die Zuständigkeit der nationalen Regulierungsbehörden von mehr als einem Mitgliedstaat fallen, das Recht zur Stellungnahme (gem. § 212 Abs. 3 TKG).
Rz. 116
In § 216 TKG ist im Rahmen von Beschlusskammerverfahren ein spezieller Geheimnisschutz geregelt. Zwar besteht grds. eine Vorlagepflicht von Urkunden, allerdings kann die BNetzA gewisse Unterlagen als geheimhaltungspflichtig kennzeichnen, wenn das Bekanntwerden des Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach (als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse) geheim gehalten werden müssen. Im sog. In-camera-Zwischenverfahren (§ 216 Abs. 2 und 3 TKG) wird durch Sichtung der Unterlagen entschieden, inwieweit diese Dokumente offengelegt werden.
Rz. 117
Schlichtungsverfahren sind im TKG an mehreren Stellen vorgesehen (etwa in § 76 TKG und § 148 Abs. 2, 3 TKG), wobei § 68 TKG, früher: 47a TKG, im Kontext des Kundenschutzes eine besondere Stellung einnimmt. Durch TKG 2012 wurden Abs. 1 und 3 dieser Norm neu gefasst. Das Schlichtungsverfahren ist nunmehr gem. § 68 Abs. 3 TKG in der Schlichtungsordnung (SchliO) der BNetzA geregelt.
Rz. 118
Antragsberechtigt zum Schlichtungsverfahren gem. § 68 TKG sind Endnutzer gem. § 3 Nr. 13 TKG, somit jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat. Damit ist klargestellt, dass nicht nur Verbraucher auf Seiten der Antragsteller ein Schlichtungsverfahren einleiten können. Antragsgegner sind Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten oder Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen (§ 3 SchliO).
Rz. 119
Der Antrag ist bei der BNetzA zu stellen (§ 68 Abs. 1 TKG), die eine ständige Schlichtungsstelle eingerichtet hat. Die Schlichtungsstelle der BNetzA ist eine "sonstige Gütestelle" nach § 15a Abs. 3 Einführungsgesetz der ZPO (EGZPO) sowie nach § 2 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz. Die Ergebnisse des Schlichtungsverfahrens sind nicht vollstreckbar, da die Schlichtungsstelle keine anerkannte Gütestelle im Sinne des § 15a Abs. 6 EGZPO ist (§ 1 Abs. 2 SchliO).
Rz. 120
Verfahrensgegenstand sind Streitigkeiten gem. §§ 51, 52, 54 bis 67 TKG und den aufgrund dieser Regelungen getroffenen Feststellungen sowie § 156 TKG, einer Rechtsverordnung nach § 52 Abs. 4 TKG, zudem noch solche, die EU-Roaming-Verordnungen (in der Fassung der VO 2017/920/EU) betreffen. Weiterhin ist in 2021 auch noch der Streit gem. Art. 4 Abs. 1, 2 und 4 sowie Art. 5a VO 2015/2120/EU hinzugekommen.
Fraglich ist, ob die Schlichtung auch durchgeführt wird, wenn (noch) kein Vertrag zustande gekommen ist, z.B. bei Streit über die Mitnahme einer Rufnummer (gem. § 59 TKG). Auch und gerade dann muss eine Schlichtung möglich sein.
Die Schlichtung beginnt mit der Antragstellung in Textform (§ 5 SchliO), danach gibt es die Möglichkeit der Antragserwiderung (§ 6 SchliO), wobei die BNetzA den Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens aus den in § 7 der SchliO genannten Gründen ablehnen kann. Das Verfahren wird erst dann durchgeführt, wenn der Antragsgegner zustimmt (Eröffnung des Schlichtungsverfahrens, § 8 SchliO). Es gibt ein spezielles Online-Verfahren, das regelmäßig ohne mündliche Verhandlung geführt wird. Die Schlichtungsstelle kann aber auch die Durchführung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beschließen (§ 10 SchliO).
Rz. 121
Hält die Schlichtungsstelle keine weitere Sachverhaltsaufklärung für geboten, unterbreitet sie den Parteien in Textform einen Schlichtun...