Rz. 360
Durch das Elektronische Handels- und Unternehmensregistergesetz (EHUG) aus dem Jahr 2006 wurden zahlreiche Vorschriften (§§ 37a Abs. 1, 125a, 177a HGB, § 35a GmbHG, § 80 AktG, § 25a GenG, § 7 Abs. 5 PartGG) dahingehend geändert, dass unabhängig von der Form des Geschäftsbriefs, die dortigen Pflichtangaben vorzunehmen sind.
Rz. 361
Freiberufler und Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind von den Änderungen nicht betroffen. Allerdings regelt § 15b GewO für die nicht eingetragenen Gewerbetreibenden, dass der Familienname mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen und einer ladungsfähigen Anschrift anzugeben ist.
Rz. 362
Da die Pflichtangaben lediglich für Geschäftsbriefe gelten, muss dieser Begriff zunächst geklärt werden. Geschäftsbrief ist jedes Schreiben über geschäftliche Angelegenheiten, das an bestimmte Empfänger gerichtet ist, unabhängig von der Form des Geschäftsbriefs.
Rz. 363
Folgende Angaben sind vorgeschrieben (Pflichtangaben):
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Unabhängig von der Rechtsform die Firma (wie diese im Register eingetragen ist), ein Rechtsformzusatz (oHG, KG), der Ort der Niederlassung und das Registergericht des Sitzes sowie die Handelsregisternummer. Diese Angaben sind für den Einzelkaufmann und die oHG ausreichend. |
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Besonderheiten für Partnerschaftsgesellschaften: Dort ist keine Firma, sondern der im Partnerschaftsregister eingetragenen Name anzugeben. |
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Ist kein Gesellschafter der oHG eine natürliche Person, so muss der Geschäftsbrief zusätzlich die Firmen aller persönlich haftenden Gesellschafter angeben, entsprechendes gilt für die KG (z.B. bei der GmbH & Co. KG). |
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Bei der GmbH sind alle Geschäftsführer und die stellvertretenden Geschäftsführer mit Familienname und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen zu bezeichnen. Falls vorhanden sind in entsprechender Weise auch die Aufsichtsratsmitglieder zu benennen. Zwar sind keine Angaben notwendig über das Stammkapital der GmbH, dies ist aber freiwillig möglich, wobei dann auch die ausstehenden Einlagen zu nennen sind. Entsprechendes gilt für die AG. |
Rz. 364
Keine Pflichtangaben sind erforderlich für Werberundmails und Newsletter, so lange diese nicht an konkrete Adressaten gerichtet werden.
Rz. 365
Hinweis
Zur Form der Pflichtangaben ist ein Teil der Literatur der Auffassung, dass diese nicht als Anhang, z.B. als V-Card oder Link aus dem E-Mail-Body ausgelagert werden dürfen, da sie in einem solchen Fall nicht ohne die entsprechende Software zu öffnen wäre. Sowohl aus der Kennzeichnungsfunktion als auch aus der örtlichen Festlegung durch die Formulierung "Pflichtangaben in Geschäftsbriefen" folge, dass die Pflichtangaben ohne Weiteres lesbar sein müssten. Insofern bestehe auch ein Unterschied zu den Informationspflichten nach §§ 5 ff. TMG und der dortigen Impressumpflicht, die etwa als Link erfolgen können.
Rz. 366
Das eben angesprochene Problem der Pflichtangaben könnte sich aber, wie auch hinsichtlich der sonstigen Informationspflichten, durch die Betrachtung der Haftungsfragen relativieren. Was geschieht, wenn der Anbieter einer Webseite, bei der kommerziellen Kommunikation oder im Hinblick auf die Pflichtangaben etwa bei E-Mails die zuvor besprochenen Pflichten nicht oder nur teilweise beachtet?
Rz. 367
Für die Verletzung der Informationspflichten war bereits auf die Ordnungswidrigkeitennorm des § 16 TMG hingewiesen worden. Zudem kann bei fehlenden Pflichtangaben das Handelsregister ein Zwangsgeld von max. 5.000 EUR verhängen (§ 14 Abs. 2 HGB i.V.m. § 132 FGG). Dort wie auch im Hinblick auf die Verletzung von Pflichtangaben sind darüber hinaus noch die Wettbewerbsnormen der §§ 8 ff. UWG heranzuziehen. Ein möglicher Unterlassungs- oder Schadenersatzanspruch setzt voraus, dass die Generalnorm des § 3 UWG verletzt ist, wobei insbesondere das Regelbeispiel des § 3a UWG (Rechtsbruch) in Frage kommt. Entgegen der als überholt anzusehenden Auffassung von Hoeren/Pfaff sind die Informationspflichten (auch die nach § 312d Abs. 1 BGB mit Art. 246a EGBGB) sowie die Regelungen über die Pflichtangaben nicht als wertneutrale Normen zu verstehen. Spätestens seit der Neuregelung des UWG im Jahre 2004 ist vielmehr allein entscheidend, ob die verletzte Norm zumindest sekundär eine wertbezogene Schutzfunktion hat. Sämtlichen zuvor genannten Informationsregelungen wird auch unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes eine marktverhaltensregelnde Tendenz zugestanden, deren Verletzung den Verbotstatbestand des § 3a UWG erfüllt. Fraglich ist allein, ob die in § 3 UWG verlangte Erheblichkeitsschwelle überschritten wird.
Rz. 368
Das OLG Koblenz hat dazu entschieden, dass die fehlende Angabe der Aufsichtsbehörde (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG) die Erheblichkeitsschwelle nicht überschreite, folglich einen Wettbewerbsverstoß abgelehnt. Denn die Kenntnis der Aufsichtsbehörde könne ohne Schwierigkeiten auf anderem Wege erlangt werden. Das OLG Jena sieht dagegen bei einer unvollständigen Preisauszeichnung deshalb die Erheblichkeitsschwelle als ü...