1. Allgemeine Grundsätze
Rz. 315
Der Begriff "Verantwortlichkeit" hat presserechtliche Herkunft und ist weit auszulegen. Er umschließt die zivil-, straf- und gewerberechtliche Haftung, wobei nachfolgend die zivilrechtliche Anbieterhaftung im Vordergrund stehen soll. Die maßgeblichen Regelungen der §§ 7 bis 10 TMG gehen zurück auf die Vorschriften der §§ 8 bis 11 TDG und §§ 6 bis 9 MDStV, die ab dem 1.7.2007 aufgehoben, auf die Neureglungen vereinheitlicht und unverändert übernommen wurden.
Rz. 316
Hinweis
Zu beachten ist, dass die Bestimmungen der §§ 7 bis 10 TMG keine Verantwortlichkeit begründen, vielmehr soll auch zum Schutz der ganz erheblichen Investitionen der neuen Medienwirtschaft eine evtl. gegebene Verantwortlichkeit nach allgemeinem Haftungsrecht im konkreten Fall eingeschränkt, nicht aber erweitert werden. Es gilt ein abgestuftes Haftungssystem in Abhängigkeit von der jeweiligen Einflussmöglichkeit des Diensteanbieters.
Rz. 317
Für eigene Informationen haftet der Anbieter (§ 7 Abs. 1 TMG) uneingeschränkt nach den allgemeinen Gesetzen.
Rz. 318
Diensteanbieter fremder Inhalte sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (§ 7 Abs. 2 TMG).
Rz. 319
§ 7 Abs. 3 TMG regelt die Pflicht zur Entfernung sowie zur Sperrung von Informationen auch in den Fällen der §§ 8–10 TMG (Durchleitung, Zwischenspeicherung sowie Speicherung fremder Informationen). Allerdings verlangt dies eine gerichtliche oder behördliche Anordnung.
Rz. 320
Nach § 7 Abs. 4 TMG gibt es nunmehr ein Verfahren, mit dem abseits der viel kritisierten Störerhaftung die Verpflichtung umgesetzt wird, wonach Rechtsinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können (auch gegen Betreiber eines WLAN), deren Dienste von einem Dritten in Anspruch genommen wurden, um geistige Eigentumsrecht zu verletzen. Im Gegensatz zur Störerhaftung ist dieser Anspruch auf aktives Tun gerichtet.
Nach § 7 Abs. 4 S. 3 TMG trägt der Zugangsanbieter kein Kostenrisiko im Zusammenhang mit der Verletzung geistiger Eigentumsrechte, denn sonst bestünde durchaus die Gefahr, dass Diensteanbieter daran gehindert wären, der Öffentlichkeit einen Internetzugang zur Verfügung zu stellen.
Rz. 321
Weiterhin gilt für fremde Informationen, dass Vermittler für die reine technische Durchleitung (sog. Access-Provider) nicht verantwortlich sind (§ 8 TMG).
Rz. 322
Die Haftungsprivilegierung für die Zwischenspeicherung zur beschleunigten Übermittlung von Informationen (sog. Caching) ist an eine Reihe von Bedingungen geknüpft (§ 9 TMG).
Rz. 323
Host-Provider sind für fremde Informationen (§ 10 S. 1 TMG), die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern
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sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadenersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder |
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sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu sperren, sobald sie die Kenntnis erlangt haben. |
Rz. 324
Dies gilt nicht, wenn der Nutzer dem Dienstanbieter untersteht oder, von ihm beaufsichtigt wird (§ 10 S. 2 TMG).
Rz. 325
Obwohl die Neuregelung des § 10 TMG auf die früher ausdrücklich genannten (siehe § 5 Abs. 2 TDG 1997) Merkmale der tatsächlichen Möglichkeit sowie der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Nutzungsverhinderung nicht mehr abstellt, gelten diese Kriterien auch weiterhin.
Rz. 326
Der BGH hat in der Entscheidung "Internet-Versteigerung I" deutlich gemacht, dass § 10 S. 1 TMG (früher: § 11 S. 1 TDG) nicht einem Unterlassungsanspruch entgegen gehalten werden kann. Wird der Betreiber einer Auktionsplattform aufgefordert, rechtswidrige Inhalte – wie im dortigen Fall Markenplagiate der Seite eines Internetversteigerers – zu entfernen, kann dieser sich gerade nicht auf eine Haftungsprivilegierung berufen. Dies gilt nun sogar auch für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch.
Rz. 327
Dann (allerdings nur im Hinblick auf einen Unterlassungsanspruch) kommen aber die Grundsätze über die sog. Störerhaftung zur Anwendung. Nach ständiger Rechtsprechung haftet in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB derjenige als Störer, der auch ohne Verschulden an dem Rechtsverstoß eines Dritten in der Weise beteiligt ist, dass er willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt. Allerdings kann als Störer nur herangezogen werden, wer bestehende Prüfpflichten verletzt, wobei der Umfang der Prüfpflicht maßgeblich davon abhängt, ob dem in Anspruch Genommenen die Prüfung zumutbar ist. Unzumutbar ist die Prüfpflicht, wenn der Provider nur mit unverhältnismäßigem Aufwand Rechtsverletzungen auffinden und erkennen kann.
Rz. 328
Internetplattformen und Personen, die ein Filesharing ermöglichen, wurden immer wieder als Störer in Anspruch g...