Rz. 9

Das Errichtungsstatut erstreckt sich auch auf die Beschränkung des Widerrufs des Testaments. Art. 24 Abs. 3 EuErbVO bestimmt hier, dass Art. 24 Abs. 1 EuErbVO "für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen mit Ausnahme eines Erbvertrags entsprechend" gelte. Bei Rechtswahl nach Art. 24 Abs. 2 EuErbVO unterliege die Änderung oder der Widerruf dem gewählten Recht. Dies kann man so interpretieren, dass für ein Änderungs- bzw. Widerrufstestament das nach den neuen Umständen bestimmte Errichtungsstatut gelte. Gleichermaßen wäre m.E. auch eine Interpretation dahingehend möglich, dass die Änderung oder der Widerruf sich nach dem Recht richtet, welches für die ursprüngliche, nun widerrufene bzw. geänderte Verfügung maßgeblich ist.

 

Rz. 10

Sinnvollerweise ist die Vorschrift des Art. 24 Abs. 3 EuErbVO so zu interpretieren, dass das Errichtungsstatut der neuen Verfügung insoweit anzuwenden ist, als dies die Wirksamkeit der neuen Verfügung und der hierin getroffenen Verfügungen angeht. Die Frage aber, ob die ursprüngliche Verfügung widerruflich oder unwiderruflich ist und auf welche Weise ggf. der Widerruf erfolgen kann, kann sich notwendigerweise nur aus dem für die ursprüngliche Verfügung maßgeblichen Errichtungsstatut ergeben. Eine andere Interpretation würde dazu führen, dass sich nach der Errichtung ergebende neue Umstände (also z.B. eine Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts des Testators oder die abweichende Ausübung bzw. der Widerruf einer Rechtswahl) trotz der in Art. 24 Abs. 1 EuErbVO bestehenden Sonderregelungen für die Anknüpfung des Errichtungsstatuts auf die Widerruflichkeit bzw. Bindungswirkung einer Verfügung nachträglich auswirken könnten.[10]

 

Rz. 11

Dabei kann die Bindung zum einen darin bestehen, dass der Widerruf insgesamt ausgeschlossen ist – wie im deutschen Recht bei vertraglichen Verfügungen oder bei wechselbezüglichen gemeinschaftlichen Verfügungen nach Versterben des anderen Teils. Ausdruck einer abgeschwächten Bindungswirkung ist aber auch eine Erschwerung des Widerrufs auf andere Weise, wie z.B. das Erfordernis der Zustellung des Widerrufs (§ 2271 Abs. 1 BGB bzw. § 2296 Abs. 2 BGB). Umstritten ist, wie zu verfahren ist, wenn für die miteinander in Wechselbeziehung stehenden Verfügungen unterschiedliche Errichtungsstatute gelten. Diese Frage wird nachfolgend beim gemeinschaftlichen Testament (siehe Rdn 65 ff.) erörtert.

[10] Bonomi, in: Bonomi/Wautelet, Art. 24 Rn 12; Dutta, FamRZ 2013, 10; Nordmeier, ZEV 2012, 518.

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