Rz. 63

Im Zusammenhang mit gemeinschaftlichen Testamenten tritt regelmäßig die Frage der Wechselbezüglichkeit auf. Dabei können freilich auch in getrennten Urkunden niedergelegte Verfügungen wechselbezüglich getroffen werden, ebenso wie ein gemeinschaftlich errichtetes Testament gegenseitige Verfügungen enthalten kann, die nicht wechselbezüglich sind.[43] Da es sich letztlich um eine der letztwilligen Verfügung beigefügte Bedingung handelt, unterliegt die Wechselbezüglichkeit einer Verfügung gem. Art. 26 Abs. 1 lit. d EuErbVO (Auslegung) dem gem. Art. 24 Abs. 1 EuErbVO ermittelten Errichtungsstatut. Maßgeblich ist das Errichtungsstatut der abhängigen Verfügung, also der Verfügung, deren Geltung vom Fortbestand einer bestimmten anderen Verfügung (der "tragenden Verfügung") abhängen soll. Dieses Recht gilt dann für die Frage, ob die in der Wechselbezüglichkeit der Verfügung liegende Beifügung einer Bedingung überhaupt zulässig ist, welche Folgen sich ggf. aus der Unzulässigkeit dieser Bedingung ergeben, ob die Wechselbezüglichkeit vermutet wird[44] und welche Folgen sich ggf. aus der zulässigen Wechselbezüglichkeit ergeben, insbesondere also, wie und ob überhaupt sich der Widerruf o.Ä. der in Bezug genommenen anderen Verfügung auf die Wirksamkeit der abhängigen Verfügung auswirkt.

 

Rz. 64

Während das deutsche Recht gem. § 2270 Abs. 2 BGB bei gegenseitigen Verfügungen die Wechselbezüglichkeit vermutet, ist dies in den ausländischen Rechten nicht der Fall: § 1248 S. 2 öst. ABGB enthält sogar eine gesetzliche Vermutung gegen die Wechselbezüglichkeit bei gegenseitiger Erbeinsetzung.

 

Beispiel:

Setzen sich also eine in Deutschland lebende Ehefrau und ihr in Österreich lebender Ehemann in einem gemeinschaftlichen Testament wechselseitig zu Erben ein, ohne dass sie die Wechselbezüglichkeit ausdrücklich geregelt haben oder sich diese durch Auslegung eindeutig ergibt, so gilt die Verfügung der Ehefrau nach dem deutschen Errichtungsstatut im Zweifel als wechselbezüglich, die des Mannes nach dem österreichischen Recht als unbedingt.

[43] Vgl. MüKo-BGB/Birk, 5. Aufl. Art. 26 EGBGB Rn 97.
[44] Anders das OLG Zweibrücken ZEV 2003, 162, das trotz Geltung kroatischen Erbstatuts aus § 2270 Abs. 2 BGB ableitet, die gegenseitige Erbeinsetzung sei wechselbezüglich und damit nach dem kroatischen Erbstatut nichtig; vgl. hierzu Anm. v. Süß, ZEV 2003, 165.

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