Prof. Dr. Jutta Müller-Lukoschek
Rz. 49
Will nur ein Erblasser Verfügungen von Todes wegen treffen, und hat dieser sowohl die deutsche Staatsangehörigkeit als auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so unterliegen Zulässigkeit, materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkung des Erbvertrages auch ohne Rechtswahl dem deutschen Recht als dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts (Art. 25 Abs. 1/Art. 21 Abs. 1 ErbVO).
Gleiches gilt für das auf die Rechtsnachfolge anwendbare Recht. Auch hier handelte sich insofern um den "Normalfall" – ohne grenzüberschreitenden Bezug – (vgl. oben Rn 16), sodass grundsätzlich die Regelungen der ErbVO nicht beachtet zu werden brauchen.
Rz. 50
Nur "sicherheitshalber" kann selbstverständlich – insofern genau wie beim einseitigen Testament – deutsches Recht sowohl für die Zulässigkeit, Wirksamkeit und Bindungswirkungen des Erbvertrages gewählt werden (Art. 25 Abs. 3 ErbVO), wie auch außerdem für die Rechtsnachfolge von Todes wegen (Art. 22 ErbVO), damit es auch hier jedenfalls zu einem Gleichlauf des anwendbaren Rechts und den Bestimmungen der Verfügung von Todes wegen kommt.
Rz. 51
Zu beachten ist, dass die Rechtswahl bei Art. 25 Abs. 3 bei einem Erbvertrag nicht einseitig vom Erblasser getroffen werden kann, sondern die Rechtswahl des auf den Erbvertrag anwendbaren Rechts erfordert die Mitwirkung auch desjenigen, der den Erbvertrag nur annimmt, denn Art. 25 Abs. 3 ErbVO nennt ausdrücklich "die Parteien", nicht nur den Erblasser (insoweit anders als Art. 24 Abs. 2 ErbVO, der nur auf den Erblasser allein abstellt – "eine Person"). Die Rechtswahl nach Art. 22 ErbVO hinsichtlich des auf die Rechtsnachfolge anwendbaren Rechts trifft dagegen auch in einem Erbvertrag der Erblasser allein. Nach der ErbVO besteht im Hinblick auf die Rechtswahl nach Art. 22 ErbVO keine Bindung des Erblassers. Diese kann aber zukünftig über das deutsche Recht erzeugt werden, weil § 2278 Abs. 2 n.F. BGB die vertragsmäßige Wahl des anzuwendenden Erbrechts gestattet. Bei der Gestaltung von Erbverträgen sollte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden. Anders als bei Testamenten bleibt es schon nach den Regelungen des Art. 25 ErbVO auch für einen zukünftigen Widerruf bei dem ursprünglichen Recht, die Vertragsmäßigkeit der Verfügungen gem. § 2278 Abs. 2 n.F. BGB bewirkt also die nach deutschem Recht geregelte Bindung (§ 2289 Abs. 1 S. 2 BGB) zu erreichen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass § 2289 Abs. 1 S. 2 einen Widerruf nicht generell verbietet, sondern nur, soweit das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigt ist.
Künftig wird daher bei einem Widerruf der vertragsmäßig erfolgten Rechtswahl im Einzelnen geprüft werden müssen, ob das stattdessen gewählte Recht den vertragsmäßig Bedachten tatsächlich beeinträchtigt, so dass hier möglicherweise eine umfangreiche rechtsvergleichende Recherche durchzuführen ist.
Rz. 52
Auch hier gilt wie beim Testament, dass die vorsorgliche Rechtswahl auch dann unschädlich ist, wenn sie im Einzelfall überflüssig ist.
Es spricht deshalb nichts dagegen, dass die Rechtswahl vorgenommen wird.
Muster 4.13: Formulierungsbeispiel zur umfassenden vorsorglichen Rechtswahl eines deutschen Erblassers beim einseitigen Erbvertrag
Muster 4.13: Formulierungsbeispiel zur umfassenden vorsorglichen Rechtswahl eines deutschen Erblassers beim einseitigen Erbvertrag
Der Erblasser besitzt ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Diesen will er auch dauerhaft beibehalten.
Für Fragen der Zulässigkeit, materiellen Wirksamkeit und der Bindungswirkungen dieses Erbvertrages wählen die Parteien vorsorglich deutsches Recht.
Der Erblasser wählt zusätzlich vorsorglich für die Rechtsnachfolge von Todes wegen deutsches Recht.
Wenn gewünscht: Die Rechtswahl ist vertragsmäßig angeordnet.
Der Notar hat uns darüber belehrt, dass sich die Rechtswahl des Erblassers auf das deutsche Erbrecht als Ganzes bezieht, besondere also auch auf die Bestimmungen über den Pflichtteil. Ich bin auch darüber belehrt worden, dass deutsches Recht auch für die Rechtsnachfolge in Nachlassgegenstände maßgeblich ist, die sich im Ausland befinden
(ggf. Hinweis, dass das nicht für das Vermögen in Drittstaaten aus der Sicht dieses Rechts gilt).
Der Notar hat mich auch darüber belehrt, dass er das maßgebliche ausländische Recht nicht kennt und nicht kennen muss und auch nicht verpflichtet ist, darüber zu belehren. Er hat mich über fremdes Recht nicht beraten oder belehrt.