Prof. Dr. Jutta Müller-Lukoschek
Rz. 35
Es ist zunächst zu überlegen, ob das ausländische Recht womöglich vorzugswürdig ist, z.B. wenn es dem Erblasser darauf ankommt, den Pflichtteilsanspruch auszuschließen oder gering zu halten. Sieht das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort kein Pflichtteilsrecht vor, kann dieses Recht zwar nicht gewählt werden, es kommt aber ohne Rechtswahl des Heimatrechts über Art. 21 Abs. 1 ErbVO zum Zuge.
Vorrangig sollte aber überlegt werden, ob es in einem solchen Fall überhaupt sinnvoll ist, eine Verfügung von Todes wegen durch einen deutschen Notar nach deutschem Recht beurkunden zu lassen, oder ob es nicht ratsam ist, die Verfügung von Todes wegen nach dem Recht des Mitgliedstaates in dem sich der gewöhnliche Aufenthalt befindet – durch einen dort ansässigen Notar – errichten zu lassen.
Rz. 36
Ein deutsches Testament mag in derartig gelagerten Fällen dann sinnvoll sein, wenn sich ein Großteil des Nachlasses oder jedenfalls überhaupt Nachlassgegenstände in Deutschland befinden. Will der Erblasser also ein deutsches Testament (ggf. mit spezifischen deutschen Instituten) errichten, besteht einmal das Problem der Umsetzung durch das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt, zum anderen ist in einem solchen Fall unmissverständlich klarzustellen, dass trotz des deutschen Inhalts der Verfügung von Todes wegen die Anwendbarkeit des Heimatrechts gerade nicht gewünscht wird. Denn ansonsten droht die Möglichkeit, dass aus den Bestimmungen der Verfügung auf eine konkludente Rechtswahl geschlossen wird (Art. 22 Abs. 2 ErbVO).
Die Belehrung sollte um folgende Formulierungen ergänzt werden:
Muster 4.10: Rechtswahl nur für die Verfügung von Todes wegen mit negativer Rechtswahl des Heimatrechts
Muster 4.10: Rechtswahl nur für die Verfügung von Todes wegen mit negativer Rechtswahl des Heimatrechts
Ich bin deutscher Staatsangehöriger, habe aber meinen gewöhnlichen Aufenthalt in _________________________.
Ausschließlich für die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit dieser Verfügung von Todes wegen wähle ich das deutsche Recht; eine Rechtswahl hinsichtlich des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts treffe ich ausdrücklich nicht.
Der Notar hat mich darauf hingewiesen, dass die Ziele dieses Testaments verfehlt werden können, wenn ich keine Rechtswahl des deutschen Rechts treffe. Ich bin darüber belehrt worden, dass ohne Rechtswahl für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht meines gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich ist, auch so weit Vermögen in Deutschland betroffen ist.
Der Notar hat mich auch darüber belehrt, dass er das maßgebliche ausländische Recht nicht kennt und nicht kennen muss und auch nicht verpflichtet ist, darüber zu belehren. Er hat mich über fremdes Recht nicht beraten oder belehrt.
Will der Erblasser dagegen deutsches Recht wählen, sollte die Wahl sich sowohl auf das zu errichtenden Testament als auch insgesamt auch auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen beziehen.
Es empfiehlt sich eine Formulierung wie oben vorgeschlagen (Muster 4.4 siehe Rn 21).