Rz. 60

Ein Erbvertrag nach deutschem Recht kann geschlossen werden, selbst wenn weder das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt der Erblasser noch das Recht der fremden Staatsangehörigkeit des nicht-deutschen Erblassers diesen kennt, sofern die Parteien gem. Art. 25 Abs. 3 ErbVO deutsches Recht wählen. Da für alle Beteiligten das Recht der Staatsangehörigkeit wählbar ist, welche auch nur einer der Beteiligten hat, steht beiden Erblassern das deutsche Recht offen. Zulässigkeit, Wirksamkeit und Bindungswirkungen unterliegen dann dem deutschen Recht.

 

Rz. 61

Für die Rechtsnachfolge von Todes wegen (Art. 22 ErbVO) kann deutsches Recht nur von dem deutschen Erblasser gewählt werden. Es ist zu überlegen, ob beide Parteien insofern von einer Rechtswahl Abstand nehmen. Das ist empfehlenswert, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben (allerdings wiederum mit dem Problem, dass dieses Recht dann die deutschen Regelungen des Erbvertrages umsetzen muss). Wählen die Parteien das anwendbare Recht (ihrer jeweiligen Staatsangehörigkeit) kommen insofern nochmals zwei unterschiedliche Rechte zum Zuge, sodass die Umsetzung nochmals erschwert wird. Auch bei solchen Konstellationen wird zukünftig die Frage zu klären sein, ob eine negative Rechtswahl vertragsmäßig verfügt werden kann (vgl. Rn 55).

 

Rz. 62

Insgesamt sollten die Parteien überlegen, ob sie wirklich eine Rechtsgestaltung nach deutschem Recht wünschen. Als Alternative bietet sich eine Regelung nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts zumindest dann an, wenn der Aufenthalt beider Parteien in dem gleichen Staat liegt. In diesem Falle sollte der Notar die Parteien gegebenenfalls dahingehend beraten, dass zumindest zu überlegen ist, ob eine Beurkundung (und Beratung) durch einen Notar des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts vorgenommen werden sollte.

Soll dennoch ein deutscher Erbvertrag errichtet werden, muss eine Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 3 ErbVO erfolgen

Muster 4.17: Formulierungsbeispiel zur erforderlichen Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 3 ErbVO

 

Muster 4.17: Formulierungsbeispiel zur erforderlichen Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 3 ErbVO

Der Erblasser X besitzt ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit, der Erblasser Y ausschließlich die Staatsangehörigkeit des Staates _________________________

Wir treffen folgende Rechtswahl:

Für die Wirksamkeit dieses Erbvertrages und dessen Bindungswirkungen soll einheitlich das deutsche Recht als das Heimatrecht des X maßgeblich sein.

Wenn gewünscht: Die Rechtswahl ist vertragsmäßig angeordnet.

 

Rz. 63

An dieser Stelle wird die Frage bedeutsam, ob die von den Parteien gem. Art. 25 Abs. 3 ErbVO getroffene Rechtswahl ihrerseits bindend ist, (das ist mE anzunehmen, vgl. hierzu § 2 Rn 189).

Bestehen hier Bedenken, so kann weitere Vorsorge getroffen werden. Zum einen sollte die über § 2278 Abs. 2 neue Fassung BGB geschaffene Möglichkeit ausgeschöpft werden, die Rechtswahl des Art. 25 Abs. 3 Erb VO vertragsmäßig zu vereinbaren. Unter der Rechtswahl im Sinne des § 2278 Abs. 2 n.F. BGB ist nicht nur die Wahl des für die Rechtsnachfolge anzuwendenden Rechts zu verstehen (Art. 22 ErbVO), sondern auch die Rechtswahl der Parteien nach Art. 25 Abs. 3 ErbVO, denn auch diese stellt eine "Wahl des anzuwendenden Erbrechts" – nämlich des anwendbaren Rechts für die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen dieses Erbvertrages – dar (vergleiche § 2278 Abs. 2 neue Fassung BGB). Auch die Rechtswahl gem. Art 25 Abs. 3 ErbVO kann daher nach deutschem Recht in der neuen Fassung vertragsmäßig vereinbart werden.[21]

 

Rz. 64

Ferner kann man noch zusätzlich Sicherheit schaffen über die etablierten (schon bisher zur Verfügung stehenden) Instrumentarien des deutschen Rechts und zwar durch Anordnung eines entsprechenden Rücktrittsvorbehalts (§ 2293 BGB): Der Erblasser (bzw. die Erblasser) können sich dabei den Rücktritt für den ganzen Erbvertrag vorbehalten oder auch nur im Hinblick auf einzelne vertragsmäßige Verfügungen. Der Rücktritt kann schlechthin vorbehalten werden oder auch nur für gewisse Fälle (z.B. hier also nur für den Fall, dass die Rechtswahl widerrufen wird). Behält sich der Erblasser den Rücktritt vom gesamten Vertrag vor, muss er das nicht ausnutzen, sondern er kann auch nur im Hinblick auf einzelne vertragsmäßige Verfügungen zurücktreten.

 

Rz. 65

Es kann sich auch empfehlen, die Erbeinsetzung (oder andere Zuwendungen) unter der auflösenden Bedingung einer Rechtswahl anzuordnen (§ 2075 BGB). Die Zuwendung fällt dann dem Erben mit dem Erbfall an, die Erbenstellung ist jedoch auflösend bedingt; sofern eine Rechtswahl vorgenommen wird, entfällt daher die Stellung als Erbe und zwar ex nunc. Die Erbschaft muss nun auf einen anderen Erben übergehen, sodass die Einsetzung eines auflösend bedingten Erben (konstruktiv zwingend) gleichzeitig eine aufschiebend bedingte Nacherbfolgeregelung beinhaltet. Mit Ausfall der auflösenden Bedingung (hier Rechtswahl) kommt es zum Eintritt der – aufschiebend bedingten – Nacherbfolgereg...

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